Kurdischer Angeklagter verweigert Aussage
von: ien/hol/hoh
Berlin - Im ersten größeren Prozeß um die Kurdenkrawalle
am israelischen Konsulat in Berlin hat der angeklagte Kurde am Mittwoch
vor dem Berliner Landgericht die Aussage verweigert. Der Anwalt des Mannes,
dem Körperverletzung und besonders schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen
werden, sprach von einem "politischen Prozeß" gegen seinen Mandanten
und will dessen Freispruch verlangen. Der 34jährige Kurde soll bei
dem Sturm auf das Konsulat im Februar einen Polizisten mit einer Eisenstange
geschlagen und verletzt haben. Bei der versuchten Erstürmung hatten
israelische Wachleute vier Kurden erschossen.
Anlaß der Proteste war die Verschleppung des Chef der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), Abdullah Öcalan, aus Kenia in die Türkei. Der nun angeklagte Kurde soll einige hundert Meter vor dem Konsulat aus der Menge heraus mit einer eineinhalb Meter langen Baugerüststange auf einen Polizisten eingeschlagen haben. Der verletzte Polizist sollte im Lauf des Tages aussagen. Einer seiner Kollegen bestätigte als Zeuge den Übergriff. Dem Angeklagten droht im Fall einer Verurteilung eine mehrjährige Haftstrafe.
Unterdessen kritisierte ein "Solidaritätskomitee für die kurdischen politischen Gefangenen in Berlin" das Vorgehen der Berliner Justiz. Verlangt wurde, alle Ermittlungen einzustellen. Nach den Krawallen am Konsulat sitzen noch acht Kurden in Berlin in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft hat 13 weitere Anklagen erhoben, zudem laufen noch acht Ermittlungsverfahren. Zwei minderjährige Kurden sind bereits zu jeweils vier Wochen Jugendarrest verurteilt worden.
Die Ermittlungen wegen der Todesschüsse wurden inzwischen eingestellt.
Ein Untersuchungsausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses versucht
derzeit, die Umstände des Sturmes auf das Konsulat und der Schüsse
zu klären.