SPD bemängelt Werthebachs gedankliche Anstrengung
Laut SPD sind Innensenator Werthebach (CDU) und die Polizeiführung für das Desaster am israelischen Kosulat verantwortlich. CDU weist Vorwürfe als "haltlos" zurück
Anfang Juli unterbrach der Untersuchungsausschuß zu den Vorgängen um die tödlichen Schüsse vor dem israelischen Generalkonsulat seine Arbeit bis zum September und ging in die Sommerpause. Gestern nun zog die SPD-Fraktion ihre "Zwischenbilanz" der bisherigen Resultate. Das zehnseitige Bewertungsergebnis indes ist mager und wirkt eher konstruiert.
Der erste Hinweis auf eine mögliche Gefährdung des Konsulates lag demnach bereits am 16. Februar gegen 9 Uhr vor. Zur Sprache gekommen sei er in einem Telefonat zwischen dem Landesamt für Verfassungsschutz und dem Bundesamt in Köln. Also 28 Stunden vor den Ereignissen, rechnete SPD- Ausschußsprecher Frank Ebel vor. Nach SPD-Meinung waren die Informationen insgesamt "dicht genug" und hätten "durch eigene gedankliche Anstrengungen ergänzt" werden müssen. Spätestens in der Lagebesprechung am Abend des 16. Februar hätte Innensenator Eckart Werthebach (CDU) klar sein müssen, daß das israelische Konsulat "zu den am meisten gefährdeten Einrichtungen gehört".
Auf Seiten der Polizei machte Ebel "mangelnde Verständigung" und "unzureichende Koordination" für das Desaster verantwortlich. Eine Notwendigkeit den Ausschuß nach der Wahl im Oktober fortzusetzen sieht die SPD allerdings nicht.
Andreas Gram, CDU-Mitglied im Untersuchungsausschuß, bezeichnte Ebels Vorwürfe gegen Innensenator und Polizeiführung als "haltlos", da der Ausschuß nicht einmal den ersten Fragenkomplex vollständig behandelt habe. Ebel seien "im Wahlkampffieber die Pferde durchgegangen", kritisierte Gram. Der SPD-Abgeordnete habe die Position des Ausschußvorsitzenden Wolfgang Wieland (Grüne) im Verfahren gegen die Bundesregierung vor dem Bundesverwaltungsgericht geschwächt. Das Gericht soll die Bundesregierung verpflichten, Aussagegenehmigungen unter anderem für Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zu erteilen.
Die Staatsanwaltschaft hat unterdessen Revision gegen die Verurteilung eines an den Ereignissen am Konsulat beteiligten Kurden eingelegt. Der Kurde war wegen schweren Landfriedensburchs zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Gewerkschaft der Polizei hatte das Urteil als zu milde kritisiert.
Otto Diederichs