Kurden-Ausschuß: Frisch muß reden, Schily nicht
Gericht ordnete Aussage des Verfassungsschutz-Präsidenten an
/ Videos vor Gericht gezeigt
Von Sabine Deckwerth
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, muß vor dem Berliner Kurden-Untersuchungsausschuß aussagen. Das Bundesverwaltungsgericht verpflichtete am Freitag den Bund, Frisch eine entsprechende Aussagegenehmigung zu erteilen. Hingegen muß Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) nicht aussagen. Diesen Antrag des Landes Berlin lehnte das Bundesverwaltungsgericht ab. Die Bundesregierung hatte zuvor eine Aussage von Schily und Frisch vor dem Ausschuß abgelehnt. Begründet wurde dies damit, daß Berlin verfassungsrechtlich keine Befugnis habe, Bundesminister oder Mitarbeiter von Bundesbehörden vorzuladen. Bei der Erstürmung des Generalkonsulats am 17. Februar waren vier Kurden durch Schüsse israelischer Wachleute ums Leben gekommen.
Frisch soll noch im September dazu gehört werden, welche Hinweise seine Behörde darauf hatte, daß Einrichtungen in Berlin nach der Festnahme des kurdischen Separatistenführers Öcalan gefährdet sind. Auch muß das Bundesamt für Verfassungsschutz entsprechende schriftliche Unterlagen zugänglich machen. Er sei verwundert, daß Frisch aussagen müsse und Innenminister Schily nicht, sagte am Freitag Andreas Gram, Sprecher der CDU im Ausschuß.
Im Zusammenhang mit der Erstürmung des Generalkonsulats am 17. Februar wurden am Freitag vor dem Berliner Landgericht Polizeivideos gezeigt. Vor der 38. Großen Strafkammer müssen sich derzeit vier Kurden verantworten, die bei den Krawallen Schußverletzungen erlitten. Ein Teil der Aufnahmen war zuvor bereits im Fernsehmagazin "Kontraste" zu sehen. Sie hatten damals Zweifel daran aufkommen lassen, ob sich die israelischen Wachleute in einer Notwehrsituation befanden. Die Videos zeigen, wie rund 20 kurdische Demonstranten auf der Treppe des Konsulats stehen, mit dem Rücken zur Eingangstür. Plötzlich sind Schuß-Salven zu hören, mehrere Kurden brechen zusammen. Den oder die Schützen hält die Kamera nicht fest.
Die Filme geben allerdings nicht den gesamten Verlauf der Erstürmung wieder. Sie wurden erst später gedreht. So ist zum Beispiel nicht zu sehen, wie Kurden vorher mit Fußtritten und Schlagwerkzeugen die Tür zum Konsulat aufbrachen und in das Gebäude eindrangen. Vor dem Konsulat zeigten die Kameras ein Bild der Verwüstung. Blutspuren ziehen sich durch den Schnee. Polizisten fassen Verletzte unter, die vom Botschaftsgelände auf die Straße kommen. Andere werden mit Krankenwagen abtransportiert. Dazwischen skandieren Kurden "Freiheit für Kurdistan, oder "Deutsche - Nazis".
Zwölf Kurden wurden von israelischen Wachleuten durch Schüsse
verletzt. Sie wurden von der Staatsanwaltschaft wegen schweren Landfriedensbruchs
angeklagt, was mit Haftstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet
werden kann. Die höchste Strafe, die bisher wegen der Krawalle vor
dem Berliner Landgericht gegen einen Kurden verhängt wurde, waren
zwei Jahre Haft auf Bewährung.