Beim Kurdensturm schlief der Verfassungsschutz sanft und selig
Von Walter Scharfenecker Der Präsident des Bundesamtes für
Verfassungsschutz in Köln, Peter Frisch, der nach einer Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichtes vor dem Berliner Untersuchungsausschuß
aussagen muß, dürfte vor diesem Gremium nur wenig Erhellendes
zu den Kurden-Krawallen am 16. und 17. Februar beisteuern. Das belegt zumindest
ein dem Ausschuß bereits vorliegender «Vermerk» des Chefs
des Berliner Verfassungsschutzes, Eduard Vermander. Am Vormittag des 16.
Februar führte Vermander um 9 Uhr mit Frisch ein Telefongespräch.
Darin , so heißt es in dem Vermerk, habe ihm Frisch mitgeteilt, «daß
die Festnahme des Öcalan in Kenia und die Planung und Ausführung
von Aktionen der PKK in der Bundesrepublik Deutschland zunächst auch
«am BfV vorbeigegangen seien». Wie verworren die Lage beim
Verfassungsschutz in Köln war, geht aus dem weiteren Verlauf des Vermander-Vermerks
hervor. Obwohl kurdische PKK-Anhänger um 4.03 Uhr das griechische
Generalkonsulat in Berlin am Wittenbergplatz gestürmt und besetzt
hatten, wußte Frisch mehr als fünf Stunden (!) später offensichtlich
nichts davon. Vermander zitiert ihn: «Nach erster Einschätzung
aufgrund von Erkenntnissen des BfV sei davon auszugehen, daß in erster
Linie griechische Einrichtungen sowie diplomatische und konsularische Vertretungen
Kenias, ferner Einrichtungen der Türkei und Deutschlands gefährdet
sein können.» Zu diesem Zeitpunkt hatte die mittlerweile auf
150 Eindringlinge angewachsene PKK-Gruppe die Einrichtung des Berliner
Konsulats bereits kurz und klein geschlagen und fast alle Akten vernichtet.
Immerhin konnte Frisch den ganz allgemeinen Hinweis geben, «das Augenmerk
auf Büros der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zu richten.»
Vermander gab die Warnung sofort weiter, so daß starke Polizeikräfte
das Willy-Brandt-Haus in Kreuzberg schützen konnten. Der Chef Frischs,
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), muß laut Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts dagegen nicht vor dem Berliner Ausschuß
aussagen. Wie Frisch hätte er anderenfalls aber nichts umwälzend
Neues berichten können. Das Lagezentrum seines Ministeriums stand
nämlich nach einem Vermerk eines Beamten im Auswärtigen Amt erst
«ab 4.30 Uhr zwecks Verifizierung der mittlerweile eingegangenen
ersten Agenturmeldungen über die Festnahme des Kurdenführers
mit dem Lagezentrum des Auswärtigen Amtes in Verbindung.» Zu
diesem Zeitpunkt wüteten die straff geführten Berliner PKK-Terroristen
bereits seit einer halben Stunde im griechischen Generalkonsulat. Völlige
Klarheit gewann das Auswärtige Amt erst um 6.30 Uhr durch einen Anruf
aus dem Büro des griechischen Außenministers in Athen.