Kurde erneut belastet
Prozess bestätigt schlechte Sicherheitsvorsorge am Konsulat
Beim großen Kurdenprozess am Landgericht ist einer der vier angeklagten Kurden ein weiteres Mal massiv beschuldigt worden. Eine Polizeizeugin warf dem Kurden Izzet A. vor, bei der Besetzung des Israelischen Generalkonsulats im Februar einer der Rädelsführer gewesen zu sein. Bei dem blutigen Geschehen an der Vertretung hatten israelische Wachleute vier Kurden, eine Frau und drei Männer, mit Schüssen tödlich verletzt.
Den vier Kurden, die jetzt vor Gericht stehen, wirft die Staatsanwaltschaft unter anderem schweren Landfriedensbruch vor. Bisher hatte jedoch erst ein Zeuge einen der Beschuldigten wiedererkannt: Izzet A. sei vor dem Konsulat gewesen. Unklar war dem Zeugen allerdings, ob der Angeklagte auch an den Prügeleien mit der Polizei oder an der Besetzung der Vertretung teilgenommen hat.
Die gestern angehörte Beamtin belastete nun erneut nur diesen einen Angeklagten. Die Zeugin, die als Polizistin am Tatort war, bezeichnete ihn als "Rädelsführer", da er mit einem "Schlagwerkzeug" auf der Treppe zum Generalkonsulat gestanden und die anderen etwa ein Dutzend Kurden auf den Stufen zu Rufen wie "PKK, PKK" angefeuert habe. Das habe sie jedoch nur auf einem Polizeivideo gesehen. In eigener Erinnerung sei ihr der Angeklagte nur als einer der Verletzten an einem Sammelpunkt für Verwundete oder Verhaftete auf der Straße vor der Vertretung.
Ein anderer Zeuge, der am Tag des Blutbades das Konsulat bewachte, bestätigte mit seiner Aussage vor Gericht, wie schlecht die Vertretung vor einer möglichen Gefahr durch Kurden gewarnt war. Dass eine Gefährdung des Generalkonsulats durch Kurden bestehen könnte, habe er am Morgen der Schießerei lediglich aus der Zeitung, nicht jedoch von offiziellen Stellen erfahren: "Es war ein ganz normaler Tag", sagte der Zeuge. Er unterstrich damit eine Aussage eines Kollegen, der dies ebenfalls betont hatte. Derzeit versucht immer noch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu klären, ob und warum deutsche Behörden bei der Sicherheitsvorsorge für die Vertretung so offensichtlich versagt haben.
Unterdessen zeigte sich gestern erneut, dass das Gericht dazu neigt, die Beweisaufnahme und den Prozess möglichst schnell zu beenden. Die Staatsanwaltschaft will jedoch weitere Zeugen hören.
Philipp Gessler