Tagesspiegel, 04.09.1999

Kommentar Todesschüsse auf Kurden
Unser Amt für Falsch- und Desinformation

lom

Das Berliner Landesamt für Falsch- und Desinformation, offiziell auch Verfassungsschutz genannt, hat mal wieder zugeschlagen - diesmal mit dem Reißwolf. Was auf dem Kleingehäckselten stand, wird jetzt aber wieder bekannt, und vergleicht man dies mit den Erklärungen nach dem ungehinderten Sturm der Kurden auf das israelische Generalkonsult, drängt sich eine Frage auf: Haben die Berliner Sicherheitsbehörden ihr eigenes Versagen mit der Vernichtung von Originalunterlagen und gefälschten Aktenblättern vertuschen und, schlimmer noch, die Schuld auf andere Schreibtische kübeln wollen? Ginge es um einen der gewöhnlichen Berliner Fälle, würde man sich darüber nicht wundern. Der Berliner Verfassungsschutz hat oft genug gezeigt, dass ihm keine Panne zu peinlich, kein Verstoß zu dreist ist. Nach dem Sturm auf das Konsulat aber blieben vier tote Kurden liegen, erschossen von Israelis. Deshalb ist das kein Berliner Fall, auch kein deutscher, sondern ein internationaler, und zwar mit entsprechender Aufmerksamkeit. Wie weit oben die Befehlskette aufgehängt war, die schließlich am Reißwolf endete, ist noch offen, aber hoffentlich nicht mehr lange. Schließlich hatten die Berliner Behörden den Israelis unterstellt, die Aufklärung behindert zu haben. Nun scheinen die Berliner Behörden selbst vertuschen zu wollen, was ihnen nicht passt. Treffen die Vorwürfe zu, könnte sich die Amtszeit des Innensenators unabhängig von den Wahlen dem Ende zu neigen. Denn dass alles seine Richtigkeit hatte, was seine Leute taten, das hat er zu vehement behauptet.