Weitere Vorwürfe gegen Berlins Verfassungsschützer
LfV-Vize wollte Akten nicht vernichten / Jetzt Versetzung
Christine Richter
BERLIN, 3. September. Die Affäre um die Berliner Kurden-Krawalle weitet sich aus. Einen Tag, nachdem bekannt geworden war, dass im Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Akten zu den Krawallen im Februar vernichtet worden sind, wurde der Amtsvize Klaus Müller am Freitag versetzt. Künftig soll er als Geheimdienstkoordinator von Berlin arbeiten. "Das ist eine eindeutige Strafversetzung", sagte Wolfgang Wieland, Vorsitzender des Kurden-Untersuchungsausschusses. Müller soll seine neue Aufgabe als "Luftnummer" bezeichnet haben. Dem Vernehmen nach will er gegen seine Versetzung klagen. Nach Wielands Worten ist es nur Müller zu verdanken, dass die Aktenvernichtung ans Licht gekommen ist. Denn Müller habe sich geweigert, die Kopie eines Aktenvermerks zu vernichten, obwohl es die Innenverwaltung verlangt habe.
In dem Vermerk ging es um ein Gespräch zwischen Müllers Vorgesetztem, dem LfV-Chef Eduard Vermander, und dem Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, Peter Frisch. Sie hatten am 16. Februar telefonisch die Sicherheitslage nach der Verhaftung von PKK-Chef Öcalan besprochen. Einen Tag später stürmten Kurden das israelische Generalkonsulat. Dabei wurden vier Demonstranten von israelischen Sicherheitsbeamten erschossen. Vermander schrieb über das Telefonat zwei Vermerke. In der ersten Fassung hieß es, dass in dem Gespräch keine Reihenfolge gefährdeter Staaten festgelegt worden sei. In der zweiten Version vom 9. März ist dagegen von einem Grad der Gefährdung die Rede. Das entspricht der Version von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) und der Polizei. Diese hatten immer gesagt, dass man sich bei den Schutzmaßnahmen an eine Rangfolge gehalten habe, die vom Bundesamt gekommen sei. Demnach stand Israel erst an vierter Stelle. Vermanders erster Vermerk wurde vernichtet. Nur Müllers Kopie blieb erhalten. Wieland kündigte an, er werde wegen Aktenvernichtung Strafanzeige gegen Vermander stellen.
Innensenator Werthebach bezeichnete die Vorwürfe am Freitag als
"unsinnig". Es habe keine Akten-Manipulation oder -Unterdrückung gegeben.
Weder ihm noch der Polizei sei bekannt gewesen, dass es im LfV mehrere
Vermerke gegeben habe. Die Versetzung von Müller sei seit Anfang des
Jahres geplant und bekannt gewesen. (cri., hel., tom.)