Rheinische Post 08.09.1999
Berliner Kurdenkrawalle: Verfassungsschutzchef sagt aus
Frisch wird hinter verschlossenen Türen verhört Berlin (dpa). Im Untersuchungsausschuss um die Kurdenkrawalle vom Februar in Berlin hat am Mittwoch die Vernehmung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, begonnen. Die Öffentlichkeit wurde zu Beginn der Sitzung ausgeschlossen. Hintergrund ist, dass Frisch nur eine Aussagegenehmigung für eine geheime Sitzung bekommen hat.
Von Frisch werden Angaben erwartet, welche Informationen das Bundesamt vor den Ausschreitungen hatte und welche Warnungen es an Berlin gab.
Bei den Krawallen hatten Kurden das israelische Generalkonsulat in Berlin erstürmt. Vier der Angreifer wurden von israelischen Wachleuten erschossen. Der Untersuchungsausschuss will klären, ob die Polizei das Gebäude nach der Festnahme des kurdischen Separatistenführers Abdullah Öcalan hätte besser schützen müssen.
Die Bundesregierung hatte eine Aussage von Frisch vor dem Ausschuss des Landesparlaments zunächst komplett abgelehnt. Das Bundesverwaltungsgericht verfügte daraufhin allerdings, dass Frisch doch aussagen muss. Im Laufe des Tages sollen noch weitere Zeugen vor dem Ausschuss gehört werden.
Kurden-Krawalle: Bundesamt gab keine Prioritäten für Schutz
Berlin (dpa) - Vor den Berliner Kurdenkrawallen vom Februar hat das Bundesamt für Verfassungsschutz keine Prioritäten für den Schutz ausländischer Einrichtungen festgelegt. Das sagte der Vorsitzende des Berliner Untersuchungsausschusses um die Krawalle, Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die Grüne), nach der Vernehmung des Präsidenten des Bundesamtes, Peter Frisch am Mittwoch. Frisch hatte zuvor vor dem Ausschuss in nicht-öffentlicher Sitzung ausgesagt. Darstellungen von Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU), wonach Israel erst am unteren Ende einer mit dem Bund vereinbarten Prioritätenliste gestanden habe, hätten sich damit als reine Schutzbehauptungen erwiesen, sagte Wieland.
Wieland kündigte an, an diesem Donnerstag Strafanzeige gegen den Chef des Berliner Verfassungsschutzes, Eduard Vermander, zu stellen. Anlass ist die Vernichtung eines Aktenvermerks im Landesamt. Darin hieß es ebenfalls, es gebe keine Rangfolge gefährdeter Länder. Der Grünen-Politiker Wieland warf CDU-Innensenator Werthebach in diesem Zusammenhang Verschleierung und Vertuschung vor. Man habe versucht, die Aktenlage nachträglich den Äußerungen über eine nicht existierende Prioritätenliste anzupassen, statt den Ausschuss und die Öffentlichkeit über die tatsächlichen Fakten zu informieren.
Bei dem Kurdensturm auf das israelische Generalkonsulat waren am 17. Februar vier der Angreifer von israelischen Wachleuten erschossen worden. Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob die Berliner Polizei das Gebäude nach der Festnahme des kurdischen Separatistenführers Abdullah Öcalan hätte besser schützen müssen.
Frisch wollte sich nach seiner Vernehmung nicht zu Fragen von Journalisten äußern und berief sich auf seine Aussagegenehmigung, die nur eine nicht-öffentliche Aussage zulasse. «Ich habe ausgesagt, wann wir was den Berliner Behörden gesagt haben», erklärte er nur.
Um die Aussage von Frisch hatte es wochenlang Streit gegeben. Die Bundesregierung wollte zunächst gar nicht erlauben, dass Frisch vor dem Landesausschuss aussagt. Das Bundesverwaltungsgericht ordnete dann aber auf Antrag des Ausschusses hin an, dass Frisch doch aussagen musste.