Berliner Morgenpost, 09.09.1999
Anhörung hinter verschlossener Tür
Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz vor Kurden-Ausschuss
Von Jörg Meißner
Kontroverse Reaktionen hat die Aussage des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Peter Frisch, gestern vor dem Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des PKK-Überfalls auf das israelische Generalkonsulat am 17. Februar 1999 ausgelöst. Während die CDU ihre Auffassung bestätigt sah, dass Berliner Sicherheitsbehörden keine Vorwürfe zu machen sind, sprachen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS davon, dass indirekte Schuldzuweisungen aus Berlin in Richtung Bundesamt jeder Grundlage entbehren.
Frisch sagte mit Hinweis auf eine entsprechende Einschränkung seiner Aussagegenehmigung durch das Bundesinnenministerium nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Trotzdem sickerte durch, dass er die entscheidende Frage verneinte, ob er in einem Telefonat mit dem Chef des Berliner Landesamtes für Verfassungsschutz, Eduard Vermander, bereits am 16. Februar eine «Prioritätenliste» gefährdeter Staaten übermittelt habe. Zwar sei bei dem Telefonat auch über Gefahren für diplomatische Einrichtungen gesprochen worden. Eine Gefährdungsrangfolge habe Frisch dabei aber nicht genannt, hieß es.
Der CDU-Sprecher im Ausschuss, Andreas Gram, sagte dazu der Berliner Morgenpost, er habe nach dieser Aussage keinen Grund, von seiner Auffassung abzuweichen, dass es am 17. Februar vor 13.20 Uhr keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung des israelischen Generalkonsulats gab. Demgegenüber betonte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Wieland (Grüne), dass die «Schutzbehauptung» von Innensenator Eckart Werthebach (CDU), das Bundesamt habe eine Rangfolge mit Israel erst an vorletzter Stelle übermittelt, «eindeutig falsch ist». Damit falle die indirekte Schuldzuweisung des Senators an die Bundesbehörde in sich zusammen. Verantwortlich für den Schutz des Generalkonsulats seien allein die Berliner Sicherheitsbehörden. Ähnlich äußerten sich die Vertreter von SPD und PDS im Ausschuss.
Als weiterer Zeuge wurde der Abteilungsleiter in der Senats-Innenverwaltung, Axel Dechamps, gehört. Er betonte, weder er noch Innensenator Werthebach oder sein Staatssekretär hätten Druck auf Berlins Verfassungsschutzchef Vermander ausgeübt, einen Aktenvermerk in Bezug auf die «Prioritätenliste» zu ändern. Vermander habe auf Vorhalt durch ihn - Dechamps - eingeräumt, sich missverständlich ausgedrückt zu haben und von sich aus eine Neufassung des Vermerks angeboten. Dechamps erklärte, die Ursprungsfassung habe er eigenhändig zerrissen. Dies habe er tun dürfen, weil der erste Vermerk noch nicht förmlicher Bestandteil einer Akte war.