Kurdenausschuss: Werthebach wusste mehr
In dem Entwurf des Zwischenberichts zum Kurdenausschuss wird das Versagen des Innensenators beim Schutz des israelischen Generalkonsulats erneut deutlich
Innensenator Eckart Werthebach (CDU) war offenbar früher und besser über die Gefährdung des Israelischen Generalkonsulats informiert, als er bisher öffentlich zugegeben hat. Dies legt der Entwurf des Zwischenberichts nahe, der von den Assistenten der Geschäftsführung sowie von Wolfgang Wieland (Grüne), dem Vorsitzenden des Untersuchungsauschusses zu den Ereignissen am Konsulat, erstellt wurde. Anhand dieses Entwurfs, der der taz vorliegt, wird der Ausschuss am Freitag eine Endfassung für die Debatte im Parlament erarbeiten.
Der Bericht fasst detailliert die Aussagen der Zeugen, die auch in nichtöffentlichen Sitzungen gehört wurden, zusammen. Demnach haben der Innensenator und die Berliner Sicherheitsbehörden schon am Vortag des Blutbades am Generalkonsulat Mitte Februar klare und dringliche Warnungen vor einer möglichen Gefährdung der israelischen Vertretung erhalten. Werthebach hatte vor dem Untersuchungsausschuss dagegen betont, seine Verwaltung habe bis zum Vorabend der Schießerei "lediglich abstrakte Warnhinweise" zur Gefahr für israelische Gebäude erhalten. Bei der Besetzung des Konsulats hatten zwei Israelis vier Kurden erschossen. Die Vertretung war - im Gegensatz etwa zur SPD-Zentrale, vor der 66 Beamte standen - lediglich von den üblichen drei Wachpolizisten, die dort immer Dienst schoben, geschützt worden.
Der Entwurf des Zwischenberichts enthält eine ganze Kette von sich immer weiter verdichtenden Warnungen auf eine mögliche Gefährdung israelischer Objekte schon am frühen Morgen des Vortags. Demnach gab es bei dem Werthebach unterstellten Landesamt für Verfassungsschutz bereits kurz nach 9 Uhr, so Zeugenaussagen, einen "dringenden Gefährdungshinweis" des Bundesamtes für Verfassungschutz für israelische Objekte. Auch vom Bundesinnenministerium erhielt die Innenverwaltung schon am Vortag um 11.27 Uhr die mündliche Mahnung, dass "israelische Einrichtungen zu schützen" seien.
Eine dritte, diesmal schriftliche und überaus deutliche Warnung schickte das Bundeskriminalamt am Vortag des Blutbades gegen 17 Uhr an die Berliner Sicherheitsbehörden. Bezug nehmend auf Pressemeldungen über eine mögliche Hilfe des israelischen Geheimdienstes an der Entführung des PKK-Führer Abdullah Öcalan, warnt darin das BKA: "Aufgrund der engen Verbindung der Türkei mit Sicherheitskräften der USA und Israels und nach entsprechenden Spekulationen in der Presse ist mit Bekanntwerden dieser Information auch mit Aktionen gegen israelische und amerikanische Einrichtungen zu rechnen."
Während jedoch jüdische Gebäude in der Stadt zusätzlich geschützt wurden, da Polizeiobere glaubten, sie könnten nach PKK-Logik gefährdet sein, fuhren am israelischen Konsulat nur häufiger Streifenwagen vorbei. Selbst eine Unterrichtung des Konsulats durch die Behörden über die Warnungen, so der Bericht, "hat es nicht gegeben".
Philipp Gessler