Kurden-Ausschuss endet mit zwei Berichten
Ausschussmehrheit wirft Sicherheitsbehörden Versagen vor /
CDU: Polizei hat richtig gehandelt
Tobias Miller
Die Berliner Polizeiführung, der Landesverfassungsschutz und die Spitze der Innenverwaltung waren während der Kurdenkrawalle Mitte Februar völlig überfordert. Zu dieser Einschätzung kommt der Vorsitzende des Kurden-Untersuchungssausschusses, Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die Grünen). Am Freitag stellte er den Zwischenbericht des Gremiums vor. Er war zuvor in nicht-öffentlicher Sitzung einstimmig verabschiedet worden, weil sich die CDU an der Abstimmung nicht beteiligt hatte. Diese legte vielmehr einen eigenen "abweichenden Bericht" vor. Demnach sei weder dem Innensenator Eckart Werthebach (CDU) noch der Führung des Sicherheitsapparates einen Vorwurf zu machen.
Der Untersuchungsausschuss sollte klären, wie es am 17. Februar zu den tödlichen Schüssen auf vier kurdische Demonstranten am israelischen Generalkonsulat kommen konnte und ob die Berliner Sicherheitsbehörden auf die Lage angemessen reagiert haben. Nach der Festnahme des Führers der kurdischen Arbeiter-Partei PKK, Abdullah Öcalan, zwei Tage zuvor hatten die Medien spekuliert, dass der israelische Geheimdienst an der Aktion beteiligt war.
Hinweise auf Gefährdung
Nach zehn Sitzungen und der Befragung von 18 Zeugen ist unbestritten, dass am Tag vor dem Kurden-Sturm mehrfach zwischen den Bundes- und Landesbehörden über eine Gefährdung israelischer Einrichtungen gesprochen wurde. Auch die Polizei war darüber informiert. Es gab "mannigfache Hinweise" auf eine konkrete Gefährdung, sagte Wieland. Die CDU spricht dagegen nur von Hinweisen "abstrakter Natur". In ihrem Bericht wird von einem "unscharfen Lagebild" gesprochen, an dem die mangelnde Koordinierung durch die Bundesbehörden schuld sei.
Für die Ausschussmehrheit steht fest, dass der Bundesverfassungsschutz keine Rangliste gefährdeter Staaten und ihrer Einrichtungen an die Berliner Stellen gegeben hat. Innensenator Werthebach hatte sich dagegen ständig auf eine solche Liste berufen, auf der Israel erst an vierter Stelle genannt wird.
Streit um Aktenvernichtung
Dass es keine Liste gegeben habe, sei auch vom Leiter der Landesamtes für Verfassungsschutzes in einem Vermerk festgehalten worden, sagte Wieland. Als in der Innenverwaltung festgestellt wurde, dass der Vermerk nicht mit der Aussage des Senators übereinstimme, habe man versucht die Akten zu bereinigen, den Vermerk zu vernichten und durch einen zu ersetzen, "der zur Verteidigungslinie des Senators passt", sagte Wieland.
Ob es eine solche Liste gegeben hat, sei "völlig irrelevant", schreibt dagegen die CDU. Die Analysen der Berliner Polizei, gestützt durch Informationen des Bundeskriminalamtes, hätten ergeben, dass israelische Einrichtungen "nachrangig gefährdet" seien. Die Aktenvernichtung habe außerdem mit dem Auftrag des Untersuchungsausschusses nichts zu tun und sei rechtswidrig in den Bericht aufgenommen worden.
Ebenso uneins sind sich CDU und die Ausschussmehrheit über die
Bewertung des Polizeieinsatzes. SPD, Grüne und PDS halten die ergriffenen
Schutzmaßnahmen an diesem Tag für unzureichend. Der Einsatz
habe zudem gezeigt, dass es erhebliche Kommunikationsschwächen bei
der Polizei gebe.