"Behörden machten Pfusch"
Vorwürfe gegen Berlins Verwaltung nach Kurden-Krawall
Von Ullrich Fichtner
Sieben Monate nach den Schüssen israelischer Wachleute auf kurdische Demonstranten in Berlin liegt eine erste fundierte Einschätzung der Ereignisse vor: Die Sicherheitsbehörden, so sieht es der Untersuchungsausschuss zur Sache, fabrizierten Pfusch. Und sie mühten sich, voran Innensenator Eckart Werthebach (CDU), Fehler zu vertuschen.
BERLIN, 17. September. Der Berliner Kurden-Ausschuss hat Polizei, Verfassungsschutz und Innenverwaltung am Freitag schwere Versäumnisse, gravierende Organisationsmängel und absichtliche Täuschung vorgeworfen. Sowohl während der Ereignisse selbst als auch bei ihrer Nach- und Aufbereitung habe der gesamte Sicherheitsapparat seine dringende Reformbedürftigkeit unter Beweis gestellt, sagte Ausschussvorsitzender Wolfgang Wieland (Grüne) bei der Präsentation eines Zwischenberichts. Unterstützt von Sprechern der SPD und der PDS legte Wieland dar, dass zum Schutz des israelischen Generalkonsulats "trotz mannigfaltiger Hinweise auf eine Gefährdung" viel zu wenig unternommen worden sei. Aussagen des Innensenators und hochrangiger Polizisten während der Untersuchung, Israel habe auf einer "Prioritätenliste" möglicher Angriffsziele weit hinten gestanden, hätten sich als "Legende" erwiesen. Tatsächlich sei in Telexen, Telefonaten und Krisensitzungen - zum Teil mehr als 24 Stunden vor dem Krawall - auf Gefahren hingewiesen worden.
Nach zehn Ausschusssitzungen rechnete Wieland scharf mit der Informationspolitik der Innenverwaltung ab. Sie sei bestrebt gewesen, heikles Material "nicht in die Hände des Ausschusses gelangen zu lassen", sagte Wieland: "Es wurden Dokumente vernichtet, aussortiert, aufbereitet, um die Aktenlage an die Verteidigungslinie des Innensenators anzupassen."
Der Zwischenbericht wird nächste Woche das Abgeordnetenhaus beschäftigen
und muss dort von der Mehrheit gebilligt werden, um offiziellen Status
zu erlangen. Mit Widerstand ist von der CDU zu rechnen, die sich im Ausschuss
der - dann einstimmigen - Abstimmung verweigerte und ein eigenes Bilanzpapier
vorlegte. Darin wird ein gegensätzliches Bild von den Vorgängen
gezeichnet und den Bundesbehörden die Hauptverantwortung für
mögliche Fehler zugewiesen.