Zu wenig Polizeischutz für Israelis
Untersuchungsausschuss zum Kurden-Sturm: Warnhinweise wurden ignoriert
Von Alexander Zeiger
Der Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zur Klärung
der Erstürmung des Israelischen Generalkonsulats durch kurdische Demonstranten
am 17. Februar 1999 hat nach zehn Sitzungen einen Zwischenbericht vorgelegt.
In der ersten Bilanz werden schwere Defizite bei Organisation und Schutzmassnahmen
der Polizei und der Innensenatsverwaltung festgestellt. Schon im Vorfeld
des Kurdensturms am 17. Februar habe es eine Flut von Gefährungshinweisen
gegeben, die auf mögliche Übergriffe von Kurden auf israelische
und jüdische Einrichtungen in der Hauptstadt hätten schließen
lassen, teilte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Wieland (Bündnis
90/Die Grünen) am Freitag bei der Vorstellung des offiziellen Zwischenberichts
mit. Die politische Verantwortung für das tragische Geschehen vor
dem Konsulat, in dessen Verlauf vier kurdische Demonstranten von den Israelis
erschossen wurden, muss nach Überzeugung von SPD, der Grünen
und der PDS Innensenator Eckart Werthebach (CDU) tragen. Nach der Vernehmung
von insgesamt 18 Zeugen steht für den Untersuchungsausschuss fest:
Schon am Vortag der Erstürmung, nachdem in der Presse über die
Beteiligung des Israelischen Geheimdienstes Mossad an der Verhaftung des
Kurdenführers Abdullah Öcalan spekuliert wurde, verdichteten
sich die Hinweise auf mögliche Gewaltakte auch gegen das Israelische
Generalkonsulat. Trotzdem hätten nur drei Beamte vor dem Konsulat
Wache gehalten. Entgegen der Darstellung der Berliner Sicherheitsbehörden
hat es darüber hinaus keine Prioritätenliste des Bundesamtes
für Verfassungschutz gegeben, wonach eine Gefährdung israelischer
Einrichtungen an letzter Stelle gestanden hat. "Das ist eine nachträgliche
Erfindung des Innensenators", sagte Wieland. Außerdem sei erwiesen,
dass Akten vernichtet worden seien, Dies habe der Leiter des Amts für
Verfassungschutz, Eduard Vermander, auch zugegeben. Es sei nun deutlich,
dass "der Ausschuss getäuscht und hinters Licht geführt werden
sollte". Der Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses wurde ohne Gegenstimmen
beschlossen. Allerdings beteiligten sich die Abgeordneten der CDU nicht
am Votum. Fraktionssprecher Andreas Gram legte stattdessen einen eigenen,
abweichenden Zwischenbericht vor. Nach Interpretation der CDU hat es vor
dem 17. Februar von keiner Seite hinreichend konkrete Warnhinweise über
eine Gefährdung israelischer Einrichtungen gegeben. Ansonsten habe
Berlin adäquat reagiert: Am Tag des Kurdensturms seien bereits 20
Minuten nach einem telefonischen Hinweis durch das Bundesamt für Verfassungsschutz
180 Polizisten vor Ort gewesen. Der offizielle Zwischenbericht sei tendenziös
und rechtswidrig, der Ausschussvorsitzende habe sein Amt missbraucht. Am
Donnerstag wird das Abgeordnetenhaus den Zwischenbericht debattieren.