Acht junge Kurden vor Gericht
Prozess in Berlin soll die Krawalle vom Februar klären
Von Ulrich Fichtner
Die Berliner Justiz beschäftigt sich von dieser Woche an mit dem zentralen Ereignisablauf der Kurden-Krawalle. Am Montag begann ein Verfahren gegen acht Jugendliche, die beim gescheiterten Sturm auf das Generalkonsulat Israels bis an die Tür des Gebäudes vorgedrungen sein sollen. Dort fielen später mehrere tödliche Schüsse.
BERLIN, 27. September. Seit Montag müssen sich wegen der Kurden-Proteste vom Februar acht junge Männer vor dem Landgericht Berlin-Moabit verantworten. Der Staatsanwalt wirft den heute 16- bis 19-Jährigen vor, das Konsulatsgebäude damals bewaffnet, gewalttätig, gemeinschaftlich und in vorderster Linie bestürmt zu haben. Sie hätten sich des schweren Landfriedensbruchs, schwerer Körperverletzung und des Widerstands gegen Vollzugsbeamte schuldig gemacht.
Die acht Jugendlichen waren während des Angriffs auf die diplomatische Vertretung in Berlin-Wilmersdorf selbst durch Schüsse verletzt worden, als israelische Wachleute das Feuer auf die Demonstranten eröffneten und vier Menschen töteten. Aus den Schussverletzungen schließt die Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten die Proteste angeführt haben müssen. Dies bezweifeln die Verteidiger: Sie werden argumentieren, dass die Wachmänner nach den vorliegenden Erkenntnissen wahllos nach draußen gefeuert haben, so dass der Standort der Opfer nicht mehr zweifelsfrei zu rekonstruieren sei.
Der auf 18 Verhandlungstermine angesetzte Prozess vor der 9. Strafkammer zieht seine Bedeutung auch aus der Liste der 84 geladenen Zeugen: Auf ihr stehen erstmals seit Beginn der juristischen Aufarbeitung der Krawalle die beiden israelischen Wachleute, die kurz nach den Vorfällen in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Zwar rechnete bei Gericht am Montag niemand mit ihrem Erscheinen, doch wird die Kammer unter Vorsitz von Richter Helmut Schweckendieck zumindest der Form halber versuchen müssen, an ihre Aussagen zu gelangen.
Schweckendieck selbst sah sich am Montag auf Grund zurückliegender
Briefwechsel mit einem der Anwälte mit einem Befangenheitsantrag konfrontiert.
Zudem löste die Kammer unter den Verteidigern Unmut mit der Entscheidung
aus, die Öffentlichkeit von allen künftigen Prozessterminen auszuschließen,
um dem Jugendschutz zu genügen. Die Verteidiger kündigten dagegen
noch im Gerichtssaal ein formelles Beschwerdeverfahren an.