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Köln , 13 .März 2000
In den Tod getrieben
Nach Berichten der Zeitung Özgür Politika, hat sich der
28- jährige Hamza Polat aus Augsburg am 8. März vor dem
Reichstag in Berlin angezündet. Er verstarb auf dem Weg ins
Krankenhaus.
Sein Vater klagt an:" Mein Sohn hat sich angezündet, weil
die Spitzelanwerbungen durch die deutsche Polizei und das türkische
Konsulat nicht mehr ertragen hat. Man hat den Pass meines Sohnes
beschlagnahmt, nachdem er sich geweigert hatte, für sie als
Spitzel zu arbeiten. Wenn mein Sohn das Haus verließ, wurde
er jedes Mal von der Polizei in Gewahrsam genommen. Er hat sich
getötet, weil er die sechs Jahre andauernden Versuche genauso
wenig ertrug wie den auf ihn ausgeübten Druck."
Auch ihn habe die Polizei versucht als Spitzel anzuwerben.
Begonnen hatte die Repression nach den Newroz- Feiern 1994. Ein
Sohn der Familie wurde aus verschiedenen Gründen zu einer 27-
monatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Der türkische Staat
hatte den Pass des Sohnes beschlagnahmt und die deutschen Behörden
die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert. Die Familie geriet
ins Fadenkreuz deutscher und türkischer Behörden. Im Generalkonsulat
in München wurde in Gegenwart des Agenten des türkischen
Geheimdienstes MIT, Nuri Uckan, Angebote gemacht für Spitzeltätigkeiten.
Diese reichten von Geldbeträgen bis über die Bereitstellung
eines Diplomatenpasses mit beliebigen Namen.
Nach Aussagen der Mutter von Hamza Polat, hat die Familie vergeblich
versucht, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
einzuschalten, weil sich kein Rechtsanwalt für die Übernahme
dieses Falles gefunden habe. Sie macht in erster Linie den deutschen
Staat für den Tod ihres Sohnes verantwortlich.
Die Familie will, dass Hamza Polat in Wuppertal beerdigt wird. Sein
Vater begründet diesen Wunsch:" Ich möchte den Leichnam
nicht in die Türkei bringen. Wenn Kurdistan geschaffen wird,
werde ich die Knochen meines Sohnes nehmen und in unser Land bringen."
Statt die Befugnisse von Verfassungsschutz und Geheimdiensten drastisch
einzuschränken oder gar abzuschaffen- wie einst von den Grünen
gefordert -, ist festzustellen, dass unter der rot/grünen Bundesregierung
die Versuche, Kurdinnen und Kurden für Spitzeltätigkeiten
anzuwerben, in beunruhigendem Maße gestiegen sind.
Wir protestieren in aller Schärfe dagegen und fordern die
politisch Verantwortlichen auf, diese widerlichen Praktiken, Menschen
zur Denunziation aufzuhetzen, ihnen ihre Achtung und Würde
zu nehmen und sie psychisch und physisch zu zerstören, endlich
einzustellen.
Methoden, die in faschistischen Regimen und Diktaturen systematisch
sind, sollte ein Staat, der sich wie die Bundesrepublik gerne demokratisch
nennt, ächten und verbieten.
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