Köln, den 30.08.00
An den
Kirchenpräsidenten der EKHN
Herrn Prof. Dr. Peter Steinacker
Darmstadt Fax: 06151 - 40 54 40
Herrn
Probst Dr. Friedrich Weber
Wiesbaden Fax: 0611 - 95 90 929
An den
Vorstand des ev. Dekanats Wiesbaden Fax: 0611 - 30 98 77
An die
Ev. Kreuzkirchengemeinde
Pfarrer Klaus Endter Fax: 0611 - 45 16 21
An die
ESG Mainz
Pfarrer Dr. Ulrich Luig Fax: 06131 - 38 42 51
An die
Kath. Pfarrgemeinde St. Elisabeth
Herrn Uwe Groß Fax: 0611 - 94 50 816
Sehr geehrte Damen und Herren,
so sehr wir Ihre Initiative zur Aufnahme der Familie
Akyüz ins Kirchenasyl seinerzeit begrüßt haben,
so empört sind wir darüber, dass sie ihr nunmehr einen
weiteren kirchlichen Schutz verweigert und sie einem ungewissen
Schicksal überlassen haben. Sie sind nunmehr illegalisiert
und leben mit der ständigen Bedrohung, festgenommen und abgeschoben
zu werden. Es gibt einen kurdischen Ausspruch, der besagt: Kurden
haben keine Freunde. Diese bittere Erfahrung musste nun auch die
Familie Akyüz machen. Und dies wahrlich nicht das erste Mal.
Wenn sich Kirchen der christlichen Tradition der Solidarität
gegenüber Fremden und der Verpflichtung aus der Geschichte
des Nationalsozialismus verpflichtet fühlen sollten, ist Ihre
Entscheidung auch vor dem Hintergrund der derzeit überschäumenden
Bekenntnisse gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit nicht
verständlich. Es ist nach unserem Verständnis ein Akt
der Gewalt, das Vertrauen von Menschen zu missbrauchen und sie der
Gefahr auszusetzen, in ein Land abgeschoben zu werden, wo ihnen
Folter und Haft drohen. Wenn gerade auch die Kirchen den Verlust
von Werten beklagen, sollten sie es eigentlich sein, die den Menschen
überzeugend demonstrieren, was sie unter Humanität und
menschlichem Handeln verstehen.
Erst Anfang Mai hat die Kommission für Menschenrechtsfragen
des türkischen Parlaments einen Bericht über systematisch
angewandte Folterpraktiken auf Polizeistationen und in den Gefängnissen
der Türkei veröffentlicht. Pro Asyl und der Niedersächsische
Flüchtlingsrat haben ebenfalls erneut Fälle recherchiert
und dokumentiert, in denen abgeschobene Kurdinnen und Kurden gleich
nach ihrer Ankunft verhaftet und von Anti-Terror-Einheiten gefoltert
wurden. Eine Kurdin z.B. berichtet, dass man sie bei Verhören
immer wieder nach Namen vermeintlicher Teilnehmer/innen am Kirchenasyl
in Deutschland befragt hatte.
Wir hoffen, dass sich dennoch irgendeine Lösung
für die Familie findet. Sie und die politisch Verantwortlichen
tragen allerdings die Verantwortung für das, was der Familie
Akyüz weiter geschieht. Wir fordern Sie daher auf, die Beendigung
des Kirchenasyls für die Familie Akyüz zu überdenken.
Als Kirche haben Sie die Möglichkeit dazu. Kirchen können
dort eingreifen, wo gesetzliche Bestimmung und deren Ausführung
Prinzipien der Menschlichkeit widersprechen. Erneuern Sie das Angebot
an die Familie Akyüz, ihnen Schutz in Ihren Mauern zu gewähren
und setzen Sie sich auch bei anderen Institutionen für den
Schutz der Familie ein.
Monika Morres Holger Deilke
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