Köln, 31. Januar 2001
PKK-Verbot steht politischer
Lösung im Wege
Der kurdische Politiker Sait H. gab am gestrigen
zweiten Verhandlungstag vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf
eine umfangreiche Erklärung zum politischen Hintergrund seines
Prozesses ab. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, "mutmaßlicher
Deutschlandkoordinator der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei
PKK" und "hauptamtlicher Kader" gewesen zu sein.
Sait H. beschrieb die jahrhundertelange Geschichte der Verfolgung
und Unterdrückung der Kurd(inn)en und ihren verzweifelten
und verlustreichen Kampf für die Anerkennung der Existenz
des kurdischen Volkes. In seinen Ausführungen betonte er
wiederholt, dass gerade die Kurden "nie aufgehört haben,
sich für eine politische Lösung einzusetzen". An
dem Zustand jedoch, in diesen Bemühungen um einen gerechten
Frieden kaum Unterstützung zu finden, hat sich bis heute
wenig geändert. Trotz mehrfacher einseitiger Waffenstillstände
und dem am 1. September 1999 erklärten Ende des bewaffneten
Kampfes von Seiten der PKK, blieb die internationale Staatengemeinschaft
stumm: "Die Kurden waren zu einem vergessenen Volk geworden".
Sait H. sprach in diesem Zusammenhang auch die Haltung der europäischen
Staaten an: "Seit Jahren riefen bestimmte Kreise die PKK
auf, die Waffen niederzulegen. Besonders Europa kritisierte immer
die Tatsache des bewaffneten Kampfes. Nun jedoch hat die PKK alle
bewaffneten Aktionen eingestellt. Daher sollte Europa jetzt ernsthaft
an den gemachten Angeboten festhalten. (...) Sollte die Reaktion
auf die Bemühungen der PKK jedoch nicht konstruktiv sein,
bedeutet dies, dass auch die Kriterien im Grunde nicht ernst gemeint
waren." Er forderte Europa auf, sich "nach seinen eigenen
Kriterien und Abkommen sowie sein Eintreten für universelle
Werte und Demokratisierung endlich für eine Lösung der
kurdischen Frage einzusetzen.
Vorwürfe richtete Sait H. auch gegen die politisch
Verantwortlichen der Bundesrepublik Deutschland, die "seit
Jahren eine sehr massive Diskreditierung der PKK als terroristisch'
und diktatorisch' vornehmen, die "von den Medien und
Gerichten kritiklos übernommen wird". Mithin beklagte
er, dass diese Diffamierungskampagnen nicht nur "bei der
deutschen Bevölkerung eine sehr negative Wahrnehmung der
PKK hinterlassen" habe, sondern auch das kurdische Volk auf
diese Weise "in eine isolierte und enge Ecke" gedrängt
werden sollte. Das Ziel der Verbotspolitik der BRD sei bis zum
heutigen Tage, "dass sich die Kurden von der PKK zurückziehen".
Deshalb werde auch weiterhin "an dem Verbot der PKK und an
den Kampagnen gegen sie festgehalten. (...) und mit "demagogischen
Behauptungen, die nicht der Realität entsprechen", gegen
die kurdische Bevölkerung vorgegangen.
Sait H. forderte die Bundesrepublik Deutschland
"vor dem Hintergrund des strategischen Wandels der PKK"
auf, "eine veränderte Haltung" einzunehmen und
ihren Einfluss auf die Türkei hinsichtlich der Lösung
der kurdischen Frage geltend zu machen.