27. März 2001
Freilassung
von Cevat Soysal muss erreicht werden
Der Prozess gegen den in der Bundesrepublik anerkannten kurdischen
Asylbewerber Cevat Soysal, wurde am 22. März vor dem Staatssicherheitsgericht
in Ankara fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft fordert nach wie
vor die Todesstrafe für den kurdischen Politiker auf der
Grundlage des Artikels 125 des türkischen Strafgesetzbuches
(Hochverrat und Separatismus). Die Anklage gegen Soysal stützt
sich primär auf Tondbandaufnahmen, die belegen sollen, dass
dieser Anschläge in der Türkei nach der Verschleppung
des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan im Februar 1999 angeordnet
haben soll.
Soysals Verteidiger Levent Kanat hatte bereits mehrfach in der
Vergangenheit eine Untersuchung der Rechtmäßigkeit
dieser Tonbandaufnahmen und entsprechende Stimmanalysen gefordert
und diese Forderungen erneuert. Doch lehnte der vorsitzende Richter
dies mit der Begründung ab, bis jetzt keinen Wissenschaftler
gefunden zu haben.
An
diesem Verhandlungstag ergriff auch Cevat Soysal das Wort und
erklärte, dass er die Begeisterung des Volkes zum kurdischen
Neujahrsfest Newroz am 21. März teile. Sie sei eine Garantie
für Demokratie, die Ankara mit großer Aufmerksamkeit
zur Kenntnis nehmen müsse. Seine Entführung aus Modawien
sei ein Komplott gewesen und die Stimme auf den Tonbändern
nicht die seinige: "Ich bin in den Stand eines Akteurs dieses
Komplotts versetzt worden. Wenn sich das Gericht damit ernsthaft
beschäftigt, wird sich herausstellen, welche Dimensionen
er hat. Das Problem ist dabei nicht so sehr meine Hinrichtung
oder Strafe."
Cevat Soysal wurde als angebliche "Nummer 2 der PKK"
Mitte Juli 1999 während eines Aufenthaltes in Moldawin von
einem Kommando des türkischen Geheimdienstes MIT in die Türkei
entführt und während elftägiger Verhöre beim
Sicherheitsamt zur Bekämpfung des Terrorismus schwerstens
gefoltert.
Um
in den Kreis der Europäischen Union aufgenommen zu werden,
hat die Türkei kürzlich ein Reformprogramm vorgelegt,
in dem jedoch weder von der Abschaffung der Todesstrafe die Rede
ist noch irgend welche Pläne zur Gewährung kultureller
Rechte für die kurdische Bevölkerung eine Rolle spielen.
AZADI
fordert gerade auch vor diesem Hintergrund größere
Anstrengungen von Seiten der Bundesregierung, eine Freilassung
des kurdischen Politikers Cevat Soysal zu erreichen. Ihm muss
die Möglichkeit eröffnet werden, zu seiner in der Bundesrepublik
lebenden Familie zurückzukehren.
Der Prozess gegen Cevat Soysal wird am 26. April fortgesetzt.