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4. April 2001
Repression
gegen Gefangene in der JVA Butzbach
Wie die türkischsprachige
Tageszeitung Özgür Politika am 21. März berichtete,
war es in der hessischen Justizvollzugsanstalt (JVA) Butzbach zu
Protesten von kurdischen und türkischen Gefangenen gekommen.
Sie wollten mit Arbeitsniederlegung und einem unbefristeten Hungerstreik
die Öffentlichkeit auf die unerträglichen Haftbedingungen
aufmerksam machen: "Unsere Geduld angesichts der unmenschlichen,
hasserfüllten, rachsüchtigen Haltung der Gefängnisleitung
ist erschöpft", heisst es u.a. in einer gemeinsamen Erklärung.
Weiter äußerten sie, dass versucht werde, die Menschen
in diesem Gefängnis psychisch zu zerstören. Die Gefangenen
forderten u.a. eine Verminderung der Anzahl von Zelleninsassen,
die Beendigung der Praxis, sich nach jedem Besuch nackt ausziehen
zu müssen, eine Abschaffung der Briefzensur, keine Abschiebung
ohne Einwilligung des Gefangenen und ein Ende des rassistischen
und faschistischen Gedankenguts in der JVA. Zur Überprüfung
der Haftsituation riefen die Gefangenen zur Gründung einer
Untersuchungskommission von regierungsunabhängigen Organisationen
der Zivilgesellschaft auf.
Die Anstaltsleitung
reagierte auf die Protestaktion mit verschärfter Repression
und Willkür, nachdem die Gespräche mit den Verantwortlichen
des Gefängnisses offenbar zu keinem Ergebnis geführt hatten.
Ein Teil der Gefangenen wurde nach Beginn des Hungerstreiks sofort
in andere Haftanstalten verlegt und nach eigenen Aussagen auf dem
Transport misshandelt. Andere wurden innerhalb der JVA verlegt und
in Isolationshaft genommen. Desweiteren wurde gegen sie eine Einkaufs-
und Freizeitsperre verhängt. Armin Golzem, Vorsitzender der
Vereinigung hessischer Strafverteidiger und Rechtsanwalt mehrerer
Gefangener in Butzbach, stellte fest, dass mit dem Regierungswechsel
in Hessen und der Neubesetzung der Gefängnisleitung eine Verschärfung
der Verhältnisse in der JVA Butzbach spürbar sei. Dies
treffe insbesondere die ausländischen Gefangenen. So würden
"Ausländer" von Straflockerungen wie Freigang praktisch
ausgeschlossen und offener Vollzug grundsätzlich verweigert.
Hinzu komme, dass die Anstalt überbelegt sei und durch das
Anbringen von Fliegengittern an den Fenstern verhindert werde, dass
Licht und Luft in die Zellen gelangen. Außerdem verzögere
die JVA Butzbach fortwährend unter fadenscheinigen Begründungen
die Umsetzung gerichtlich angeordneter Straflockerungen. Desweiteren
wirft Armin Golzem den Verantwortlichen vor, Gefangene unter Druck
zu setzen und sie aufgrund falscher Angaben zu zwingen, ihrer Abschiebung
zuzustimmen. "Dieses Strafsystem ist mehr Wegsperren denn Resozialisierung,"
kritisiert Golzem.
Der Pressesprecher
des hessischen Justizministeriums bestritt auf Nachfragen von AZADI,
dass es Protestaktionen von Gefangenen in der JVA Butzbach gegeben
habe.
AZADI unterstützt
die Forderungen der Gefangenen, auch wenn deren Proteste im Keim
erstickt wurden. Der Umgang mit Gefangenen ist ein Gradmesser für
den Zustand eines Staates, der sich demokratisch nennt.
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