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09. Mai 2001
OLG
Stuttgart eröffnet Prozess gegen "mutmaßlichen PKK-Führungsfunktionär"
Am 10. Mai, um 9.30 Uhr, beginnt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart
der Prozess gegen den 64-jährigen Semsettin K.. Der Generalbundesanwalt
wirft dem kurdischen Politiker vor, als "hauptamtlicher Kader
und hochrangiger Funktionär der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)
in Europa tätig" und aufgrund dessen Mitglied einer "kriminellen
Vereinigung" (§ 129 StGB) gewesen zu sein. Darüber
hinaus wird Semsettin K. beschuldigt, als "Regionschef"
u.a. "die politische Schulung von Gebiets- und Raumverantwortlichen"
durchgeführt und von diesen Rechenschaftsberichte verlangt
zu haben. Im Rahmen des "Heimatbüros" soll er ferner
an Schleusungen und an der Beschaffung gefälschter Papiere
beteiligt gewesen sein.
Semsettin K. wurde am 1. August 2000 in Stuttgart aufgrund eines
Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes durch
Beamte des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg festgenommen.
Seither befindet er sich in Untersuchungshaft in der JVA Stuttgart-Stammheim.
Das Landgericht Dortmund hatte ihn im Zuge des PKK-Verbots wegen
des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz am 25. November 1999
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf
Bewährung verurteilt.
Dieser Prozess reiht sich ein in derzeit laufende bzw. zu erwartende
Verfahren:
- Vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf ist der kurdische
Politiker Sait H. wegen Mitgliedschaft in einer "kriminellen
Vereinigung" (§ 129 StGB) angeklagt.
- In Celle verhandelt das Oberlandesgericht gegen Halat K. wegen
des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer "terroristischen beziehungsweise
kriminellen Vereinigung" (§ 129, 129a StGB).
- Gegen Mehmet T., seit dem 28. August 2000 in Untersuchungshaft
in der JVA Köln, hat der Generalbundesanwalt Anfang Mai Anklage
erhoben u.a. wegen Mitgliedschaft in einer "kriminellen Vereinigung"
(§ 129 StGB). Auch ihm wird - wie Semsettin K. - u.a. vorgeworfen,
politische Schulungen durchgeführt, Anweisungen erteilt und
Rechenschaftsberichte verlangt zu haben. Des weiteren soll er aus
Anlass der Verschleppung des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan
die Besetzung des griechischen Generalkonsulats am 16. Februar 1999
angeordnet haben.
AZADI fordert von Seiten der Politik, Justiz und Polizei endlich
eine veränderte Haltung im Umgang mit kurdischen Politiker/innen,
Aktivist(inn)en, Mitgliedern kurdischer Vereine und sonstiger kurdischer
Einrichtungen. Die Bundesregierung ist gefordert, der Friedenspolitik
der PKK Rechnung zu tragen und konkrete Schritte zu unternehmen,
die Kriminalisierung der Kurd(inn)en durch die Aufhebung des PKK-Verbots
zu beenden.
AZADI fordert weiter die Einstellung der politischen Prozesse und
eine Freilassung aller politischen Gefangenen.
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