28.
Mai 2001
AZADI-INFORMATIONEN
im Visier des Generalbundesanwalts
Auf Antrag des Generalbundesanwalts (GBA) wurde die Aushändigung
der Februar/März-Ausgabe unserer zweimonatlich erscheinenden
Broschüre AZADI-INFORMATIONEN an die kurdische Gefangene
Fethiye K. verweigert. Zuvor schon hatte der Ermittlungsrichter
beim Bundesgerichtshof in drei weiteren Fällen verfügt,
unsere Informationsschrift an Gefangene anzuhalten - mit jeweils
unterschiedlichen Anhaltegründen.
War es bei der ersten Aushändigungsverweigerung an Mehmet
T. lediglich der Hinweis auf das nicht "ordnungsgemäße
Impressum", beanstandete der GBA bei der nächsten Ausgabe
u. a. die Titelseite, auf der die Parole "Weg mit dem PKK-Verbot"
auf dem Hintergrund des angedeuteten ERNK-Emblems abgedruckt war.
Des weiteren wurde die "Gesamtschau der eigenen Beiträge"
sowie die "Presseübersicht" moniert. Beides sei
darauf ausgerichtet, "demonstrative politische Aktionen im
Rahmen von Asyl- und Strafverfahren oder aber im Rahmen von Hungerstreiks,
Sitzstreiks oder Versammlungen hervorzuheben, wie sie von der
PKK-Führung organisert, vorgegeben oder aber gewünscht
werden". Nach Meinung des GBA fügen sich die AZADI-INFORMATIONEN
"in die Strategie der in Deutschland mit Betätigungsverbot
belegten Organisation, ihrer Angehörigen, auch die inhaftierten
ehemaligen Funktionsträger, an sich zu binden".
In
der neuerlichen Anhalteverfügung des Bundesgerichtshofes
wird ein Foto auf der Titelseite als Begründung herangezogen,
auf dem Personen mit einem Transparent "Weg mit dem PKK-Verbot"
zu sehen sind. Dass auf der Titelseite unserer Druckschrift in
der Rubrik "In eigener Sache" die Leser/innen dazu aufgerufen
werden, AZADI über Kriminalisierung und Repression gegen
Kurd(inn)en zu informieren, stößt offensichtlich auf
besonderes Unbehagen des GBA. Damit würde laut Anhaltebeschluss
"der staatliche Strafanspruch der Bundesrepublik Deutschland
mittelbar verneint".
Im Klartext bedeutet diese Aussage: Es kann kein staatliches Interesse
daran geben, dass Öffentlichkeit hergestellt wird über
die Kriminalisierung von Kurd(inn)en.
AZADI
berichtet regelmäßig in seinen INFORMATIONEN auf 12
Seiten über Verhaftungen und Prozesse von kurdischen Politiker/innen,
Ermittlungs- und Strafverfahren, veröffentlicht Prozesserklärungen,
schildert aktuelle Entwicklungen in der Asyl- und Innenpolitik,
informiert über Kirchenasyle, Abschiebefälle sowie Protestaktionen
z. B. im Zusammenhang mit den hungerstreikenden Gefangenen in
der Türkei und teilt den Leser/innen mit, wofür AZADI
eingehende Spenden verwendet.
AZADI
protestiert gegen die Vorgehensweise der Bundesanwaltschaft und
fordert die Aushändigung aller Ausgaben der Informationsschrift
an die kurdischen Gefangenen. Die AZADI-INFORMATIONEN sind zu
beziehen unter: AZADI e.V., Lindenthalgürtel 102 in 50935
Köln.