Köln,
22.10.01
Weitere
Verhandlungstage im Prozess gegen Mehmet Tanboga
Am
vierten Verhandlungstag des Prozesses gegen den kurdischen Politiker
Mehmet Tanboga am 15. Oktober wiederholte der vorsitzende Richter
am Oberlandesgericht Düsseldorf überwiegend Fragen aus
den vorhergehenden Prozesstagen, die der Angeklagte bereits ausführlich
beantwortet hatte. Deutlich wurde, dass es dem Gericht und der
Bundesanwaltschaft (BAW) weniger um die Bewertung der komplexen
politischen Hintergründe und Zusammenhänge des kurdischen
Konflikts und der Versuche einer Lösung geht. Das Interesse
der Ankläger ist vielmehr, Mehmet Tanboga in Widersprüche
zu verwickeln und seine Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen.
Sie wollen ihr Ziel erreichen, den Kurden wegen "Mitgliedschaft
in einer kriminellen Vereinigung" (§ 129 StGB) verurteilen
zu können. Mehrmals kritisierte Mehmet Tanboga, dass das
Gericht seine Ausführungen teilweise bewusst missverstehe,
nicht ernst nehme oder im Sinne der Anklage (um)interpretiere.
So befragte ihn der Richter wiederholt, ob er zum "Beraterstab"
des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan gehört bzw. ob
er als dessen "Sekretär" oder "rechte Hand"
fungiert habe. Diese Frage beantwortete Mehmet Tanboga mehrfach
damit, dass derartiges nicht der Arbeitsweise Öcalans entsprochen
habe. Des weiteren unterstellt das Gericht dem Angeklagten nach
wie vor, an der Beschaffung von Papieren beteiligt gewesen zu
sein, obgleich Mehmet Tanboga dies bereits ausdrücklich verneint
hat.
Auch
von den Aussagen über seine intensiven Bemühungen, eine
weit schlimmere Eskalation während der Besetzungsaktionen
im Februar 1999 verhindert zu haben, scheinen Gericht und BAW
wenig beeindruckt. Ihnen geht es um den Versuch, Mehmet Tanboga
nachzuweisen, dass er die Besetzungen nicht nur gutgeheißen,
sondern möglicherweise auch angeordnet habe. Dagegen wehrt
sich der 44-Jährige vehement. Seine Aufgabe habe er ausschließlich
darin gesehen, das Friedensprojekt der PKK der kurdischen Bevölkerung
in Europa, insbesondere in der BRD, nahezubringen und als Mitglied
des Kurdischen Nationalkongresses (KNK), dem höchsten Gremium
des kurdischen Volkes, entsprechend tätig zu sein.
Die
Befragung von Mehmet Tanboga wird fortgesetzt
am
Dienstag, 23. und Mittwoch, 24. 10. 2001, jeweils um 9.15 Uhr
Oberlandesgericht, Tannenstr. 23, Düsseldorf