Köln,
20.12.2001
Drohende
Todesstrafe für kurdischen Politiker
Am
27. Dezember 2001 wird dem kurdischen Politiker Cevat Soysal in
seinem vor eineinhalb Jahren begonnenen Verfahren vor dem Staatssicherheitsgericht
Nr. 1 in Ankara die Gelegenheit zu einem Schlusswort gegeben,
nachdem die Staatsanwaltschaft für ihn einen Monat zuvor
die Todesstrafe auf der Grundlage des Artikels 125 des türkischen
Strafgesetzbuches (Hochverrat/Separatismus) gefordert hat. Mit
einem Urteil ist wenige Tage danach zu rechnen.
Cevat
Soysal wurde Mitte Juli 1999 als vermeintliche "Nummer 2
der PKK" während eines Aufenthaltes in Moldawien von
einem Kommando des türkischen Geheimdienstes MIT in die Türkei
entführt und während mehrtägiger Verhöre beim
"Sicherheitsamt zur Bekämpfung des Terrorismus"
brutal gefoltert. Obwohl Cevat Soysal schwerste gesundheitliche
Schäden durch diese und frühere Folter erlitten hat,
verweigern ihm die Behörden nach Aussagen seines Verteidigers
bis heute eine dringend erforderliche Therapie. Der kurdische
Politiker lebte bis zu seiner Verschleppung als anerkannter Asylbewerber
mit seiner Familie in der Bundesrepublik.
Ob
Bundesinnenminister Schily anlässlich des Besuches seines
türkischen Amtskollegen Rüstü Kazim Yücelen,
auch das weitere Schicksal des Kurden thematisiert hat, ist nicht
bekannt. Schily geht es augenblicklich wohl mehr darum, mit dem
Kollegen einvernehmliche Lösungen zu finden, die die Ausweisungen
unliebsamer Personen an die Türkei ermöglichen sollen.
In ein Land, dessen systematisch angewandte Folterpraxis hinreichend
bekannt und dokumentiert ist. Damit führt Schily die Pläne
seines Vorgängers Manfred Kanther fort. Dieser hatte mit
dem damaligen türkischen Innenminister Nahit Mentese im März
1995 ein Abkommen vereinbart über Menschenrechts"garantien"
im Falle der Abschiebung von Personen im Zusammenhang mit der
"PKK und anderen Terrororganisationen". Wie wenig von
solchen Zusicherungen zu halten ist, zeigen Dokumentationen z.
B. des niedersächsischen Flüchtlingsrates, der in zahlreichen
Fällen belegen konnte, dass Abgeschobene nach dieser Vereinbarung
in Haft genommen wurden und schweren Folterungen ausgesetzt waren.
AZADI
fordert die Freilassung von Cevat Soysal und seine Rückkehr
nach Deutschland zu seiner Familie.