30.10.02
GBA
erhebt Anklage gegen kurdischen Politiker Sahin Engizek und Salih
H.
Der Generalbundesanwalt (GBA) hat Anklage beim Oberlandesgericht
(OLG) Düsseldorf gegen den kurdischen Politiker Sahin Engizek
erhoben. Laut Anklageschrift vom 24. September 2002 wird dem Kurden
vorgeworfen, Mitglied in einer „kriminellen“ Vereinigung
(§ 129 StGB) gewesen zu sein. Die Parteiführung der
PKK habe ihm laut GBA Anfang des Jahres 2000 die europaweite Leitung
des „für die Gesamtstruktur wichtigen“ Arbeitsbereichs
‚Außenbeziehungen’ übertragen.
Am 29. Oktober 2001 war Sahin Engizek in Köln festgenommen
und einen Tag später verhaftet worden. Als besonders kriminellen
Akt bewertete seinerzeit der GBA, dass der Kurde „Kontakte
zu staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen sowie Verbindungen
zu interessierten Politikern, Journalisten und anderen Meinungsmultiplikatoren“
hatte, um diese für „die sogenannte ‚kurdische
Sache’ zu gewinnen“. Nachdem der Haftbefehl gegen
Engizek wenige Wochen später mit Auflagen außer Vollzug
gesetzt wurde, konnte er am 25. Januar 2002 aus der U-Haft entlassen
werden.
Der
GBA behauptet nunmehr, dass sich die von Sahin Engizek bis Juni
2001 “ausgeübten organisationsbezogenen Tätigkeiten
ergänzt“ hätten „mit der Verübung von
mit Straftaten verbundenen Aktivitäten der kriminellen Vereinigung
in den anderen Aufgabenfeldern“.
In dieser Aussage wird der Charakter der §§ 129, 129
a und 129 b StGB als Instrument des politischen Strafrechts deutlich,
wonach ein konkreter Tatnachweis des Beschuldigten nicht erforderlich
ist. Statt dessen zielt die Strafverfolgung auf die politische
Gesinnung des Beschuldigten ab. Wie sonst ist die Kriminalisierung
des Politikers Sahin Engizek erklärlich, der sich aufgrund
seiner ausschließlich diplomatischen Tätigkeit aktiv
für eine politische und friedliche Lösung der kurdischen
Frage eingesetzt hat?
Anklage
erhebt der GBA zudem gegen den Kurden Salih H., der aufgrund seiner
Tätigkeit als Regionsverantwortlicher der „PKK-Region
Mitte“ von März 1998 bis Mai 1999 ebenfalls Mitglied
in einer „kriminellen“ Vereinigung gewesen sein soll.
Ferner wird ihm Land- und Hausfriedensbruch im Zusammenhang mit
der Besetzung des griechischen Generalkonsulats in Düsseldorf
im Februar 1999 vorgeworfen.
Im
nächsten Monat jährt sich das Betätigungsverbot
für die PKK zum neunten Mal. Nach Beendigung des bewaffneten
Kampfes, der Auflösung der PKK und Gründung des „Kongresses
für Frieden und Demokratie in Kurdistan“ (KADEK), ist
es höchste Zeit für ein Ende der Kriminalisierung kurdischer
Politiker/innen und Aktivitäten.