15.
Januar 2003
Landgericht Hamburg stellt Verfahren gegen Kurden ein
Hamburger
Rechtsanwalt fordert für sich Freispruch
Gegen Zahlung von jeweils 250 Euro hat das Landgericht Hamburg
heute das Verfahren gegen vier Kurden eingestellt. Der mitangeklagte
Hamburger Rechtsanwalt Dr. Heinz-Jürgen Schneider plädierte
für sich auf Freispruch, so dass sein Verfahren am 23. Januar
2003 fortgesetzt wird. Den Angeklagten war vorgeworfen worden,
gegen das Vereinsgesetz verstoßen und eine „Tatbehandlung“
begangen zu haben, „die geeignet ist, eine für die
verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung hervorzurufen“
und somit als „Propagandatätigkeit für die PKK
anzusehen“ sei.
Am
2. Juli 2001 hatte Rechtsanwalt Dr. Schneider gemeinsam mit den
angeklagten Kurden im Zusammenhang mit der Kampagne zur Anerkennung
der kulturellen und politischen Identität der Kurdinnen und
Kurden der Justizbehörde in Hamburg eine Petition sowie über
2.000 Selbstbezichtigungserklärungen „Auch ich bin
PKKler/in“ übergeben.
Die
Kurden betonten in ihrer Prozesserklärung u. a., dass „in
einer Zeit, in der sich die kurdische Bewegung von Grund auf neu
orientiert, um der Gewalt ein für alle Mal ein Ende zu bereiten,
das Verbot der PKK und anderer kurdischer Organisationen in Deutschland
ein großes Hindernis für eine politische Lösung
des Konflikts“ darstelle. Auch sie gehörten zu den
Millionen von Kurdinnen und Kurden, die aufgrund der „Politik
des türkischen Staates Kurdistan verlassen mussten und zu
Flüchtlingen wurden“. Jeder von ihnen hätte „die
Auswirkungen dieser Politik auf versc0hiedene Weise erfahren müssen“.
Deshalb habe man sich hier „für die Beendigung der
Unterdrückung des kurdischen Volkes eingesetzt“. Nach
Auffassung der Angeklagten sei es bei ihrer Beteiligung an der
Kampagne darum gegangen, „für die Aufhebung des Verbotes
zu werben und die Öffentlichkeit sowie die politisch Verantwortlichen
dafür zu gewinnen“ und nicht darum, deutsche Gesetze
zu verletzen.
Rechtsanwalt
Dr. Schneider äußerte in einer Prozesserklärung,
dass er an den kurdischen Aktivitäten nicht beteiligt gewesen
sei, in der Justizbehörde kein Wort gesagt, sondern in seiner
Funktion als Anwalt die Delegation begleitet habe. Daraus schließe
er, dass als Anklagegrund „nur meine politische Meinung“
bleibe. Er vertrete seit langem die Auffassung, dass „in
der Türkei umfassende demokratische Rechte für Kurden
und Türken gelten und in Deutschland ein demokratischer Dialog
das Umgehen bestimmen“ müsse. Um „diese politischen
und humanitären Ziele“ gehe es ihm, was ein „gelegentliches
persönliches und anwaltliches Engagement“ einschließe.
Er fürchte, stellvertretend für „andere deutsche
Bürgerinnen und Bürger, kirchliche Kreise, journalistisch
Tätige, Gewerkschaftler, Menschen, die Veranstaltungen organisieren
oder eine Internetseite zur Situation von Kurden in der Türkei
und in der Bundesrepublik betreiben“, angeklagt worden zu
sein. Es könne aber nicht akzeptiert werden, dass eine politische
„Meinung und die Wahrnehmung von Grundrechten und ein Gesprächsversuch
mit staatlichen Instanzen in die Grauzone einer Straftat gedrängt
und als Unrecht kriminalisiert werden“.