28. Mai 2003
Richtige
Entscheidung des OLG Düsseldorf
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, den Führer
der verbotenen Organisation „Kalifatsstaat, Metin Kaplan,
nicht an die Türkei auszuliefern. Kaplan war wegen eines
Aufrufs zum Mord an einem Gegenkalifen vom OLG Düsseldorf
zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Weil
die Türkei die Auslieferung von Kaplan beantragt hatte, erließ
das OLG Anfang des Jahres gegen ihn Haftbefehl, so dass er nach
Verbüßung seiner Strafe im März nicht entlassen
werden konnte.
Um die Auslieferung zu ermöglichen, hatte Bundesinnenminister
Otto Schily mehrfach die Türkei aufgesucht, um von der türkischen
Regierung die Zusage zu erhalten, dass der Islamistenführer
ein rechtsstaatliches Verfahren erwarten könne.
Im
Gegensatz zu Schily haben die Richter des 3. Strafsenats dieser
Zusage der Türkei weniger vertraut. Sie begründeten
ihre Entscheidung mit ernst zu nehmenden Auslieferungshindernissen.
So müsse befürchtet werden, dass unter Folter erpresste
Aussagen von Kaplan-Anhängern die Grundlage des Verfahrens
bilden könnte. Ferner bestehe die Gefahr, dass dieser Prozess
den Charakter einer politischen Verfolgung tragen könne.
Die Erfahrung mit der angeblichen Rechtsstaatlichkeit von politischen
Verfahren in der Türkei und die Tatsache, dass beim Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte in diesem Zusammenhang Tausende
von Beschwerden anhängig sind, rechtfertigt die Entscheidung
des Düsseldorfer Senats.
Der 1999 gegen den damaligen PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan
geführte Prozess bietet hinreichend Anschauungsunterricht.
Im März diesen Jahres hatte das Straßburger Gericht
nach einer Beschwerde der Verteidigung Öcalans festgestellt,
dass das Verfahren eindeutig gegen die Europäische Menschenrechtskonvention
verstoßen hatte.
Außerdem wurde von Amnesty International kürzlich festgestellt,
dass in der Türkei auf Polizeistationen und in Gefängnissen
nach wie vor Folter systematisch angewendet wird.
Es bleibt mithin unverantwortlich, Menschen an einen Staat auszuliefern,
in dem grundlegende Menschenrechte – wie das Verbot von
Folter – nicht garantiert sind.
Insofern ist die Entscheidung der Düsseldorfer Richter zu
begrüßen.
Jedem
Antrag auf Auslieferung von politischen Gefangenen an die Türkei
muss eine klare Absage erteilt werden. Die Gründe, die gegen
eine Auslieferung angeführt wurden, müssen allerdings
auch für Ausweisungen und Abschiebungen gelten. Eine solche
Lösung wollen Bundesinnenminister Schily und sein nordrhein-westfälischer
Kollege Fritz Behrens im Falle von Metin Kaplan nunmehr forcieren.