AZADI RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

25. November 2004

11 Jahre PKK-Verbot —
Wo ist das Licht am Ende des Tunnels ?

Am 26. November 1993 trat das vom damaligen CDU-Bundesinnenminister Manfred Kanther erlassene Betätigungsverbot für die PKK in Kraft und gilt bis heute fort – trotz Beendigung des bewaffneten Kampfes, trotz Auflösung der PKK im Jahre 2002 und Gründung des Kongresses für Frieden und Demokratie in Kurdistan (KADEK), trotz Weiterentwicklung des friedenspolitischen Kurses durch KONGRA-GEL. Zu dem unversöhnlichen Festhalten an dieser Verbotspolitik und der Notwendigkeit eines Wandels, einige Stimmen:

Rechtsanwältin Edith Lunnebach, Köln:
Das Betätigungsverbot gegen die PKK aus dem November 1993 hat zu Recht in den kurdenfreundlichen Kreisen Proteste hervorgerufen, die bis heute nicht verstummt sind. Mit diesem Verbot wurden populistische Interessen der Politik befriedigt, ohne dass man dem Ziel, nur den friedlichen Protest gegen die politischen Bedingungen für die Kurden in der Türkei in Deutschland zuzulassen, näher gekommen wäre. Unzäzlige Ermittlungsverfahren und Verurteilungen eben auch wegen friedlicher Proteste und politischer Betätigungen waren die Folge. Das PKK-Verbot muss weg. Die Konflikte müssen im demokratischen öffentlichen Raum ausgetragen werden.

Dr. Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Berlin:
Das Betätigungsverbot für die PKK in der Bundesrepublik hat viel Unheil gestiftet: Es hat zu Kriminalisierung, Ausgrenzung und Diskriminierung von Tausenden von Kurdinnen und Kurden geführt und ihre Grundrechte massiv eingeschränkt. Sie wurden nicht selten pauschal zu Gewalttätern und „Terroristen“ gestempelt, sind lange Zeit zu innenpolitischen Feinden erklärt worden. Wie immer man zur PKK und ihren Aktivitäten stehen mag: Mit solchen Verboten werden jedenfalls keine Probleme gelöst, sondern weitere produziert. Längst ist das Betätigungsverbot zum Anachronismus geworden und muss schon deshalb schnellstmöglich aufgehoben werden, zumal sich die PKK vor vielen Jahren zu einer friedlichen Lösung der Kurden-Frage bekannt und mittlerweile ohnehin aufgelöst hat.

Pater Wolfgang Jungheim, Pax Christi Lahnstein-Nassau:
Wer in der Wüste lebt, dem muss ich den Weg zur Oase ebnen und ihm nicht den Schrei nach Wasser verbieten. Ich darf mich nicht wundern, wenn ich genügend Wasser habe und es ihm vorenthalte, dass er mir dies entreißen will. Wer nur Gewalt erlebt, greift auch zur Gewalt. Wer auf Gewalt verzichtet, dem muss dankbar aufgezeigt werden, dass dies der bessere Weg ist. Notwendig ist: Nicht Auslieferung zur Einlieferung in neue Gewalt, nicht Verbot politischer Betätigung, sondern Förderung demokratischer Gesinnung und Legalisierung von Verbands- und Parteiarbeit. Besonders eine Versöhnungspolitik, die das Unrecht auf türkischer, deutscher und kurdischer Seite aufarbeitet, ermöglicht ein echtes Miteinander – in der Türkei und in Deutschland.

Thomas Schmidt, Generalsekretär der Europäischen Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt e.V., Düsseldorf:
Der 11. Jahrestag des PKK-Verbots gibt Veranlassung, den Bundesinnenminister bzw. die Bundesregierung insgesamt aufzufordern, daran mitzuwirken, die Voraussetzungen für eine Legalisierung der PKK zu schaffen. Ziel sollte es ein, der PKK bzw. dem KONGRA-GEL die Gelegenheit zu geben, seine politischen Ziele auf legalem Weg zu verfolgen. Eine zeitlich unbegrenzte und sachlich nicht gerechtfertigte Stigmatisierung einer politischen Organisation wird den vom Gesetz mit Verboten verfolgten Zwecken nicht gerecht und ist daher verfassungsrechtlich bedenklich, wenn nicht gar verfassungswidrig.
Ebenso wie für den türkischen Staat der Weg in ein rechtsstaatliches und demokratisches Europa geebnet werden soll, muss dies auch für die politischen Gegner dieses Regimes geschehen. Die im Rahmen eines möglichen EU-Beitritts der Türkei geführten Vorverhandlungen sollten mit genutzt werden, um die Rechte der Kurden in der Türkei ausreichend abzusichern. In diesem Zusammenhang ist auch die Terror-Liste der EU zu erwähnen. Auf keinen Fall kann es ausreichen, wenn Regierungen, die selber noch weit entfernt von rechtsstaatlicher und demokratischer Machtausübung sind, ihre politischen Gegner der EU benennen, damit diese sie auf die Terror-Liste setzt.


 
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