20. Februar 2019
Prozess gegen Mahmut Kaya
vor dem Abschluss
Das am 13. Dezember vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg eröffnete Verfahren gegen den kurdischen Aktivisten, Mahmut KAYA, neigt sich dem Ende zu. Die nächste Verhandlung findet am 22. Februar statt und die Urteilsverkündung am 25. Februar.
Die Anklage beschuldigt den Kurden der Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung im Ausland“ (§§ 129a/b StGB).
In seiner Eigenschaft als „Gebietsleiter“ soll sich Mahmut Kaya von Juni 2013 bis Juni 2014 in Norddeutschland politisch betätigt haben. In diesem Rahmen habe er Kundgebungen, Veranstaltungen, Demonstrationen und Vereinsversammlungen organisiert, vorbereitet und koordiniert, z.B. im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen 2014 in der Türkei und der Unterstützung der damaligen prokurdischen Partei des Friedens und der Demokratie (BDP) oder mit dem Kampf gegen den Terror des sog. Islamischen Staates (IS) in der nordsyrischen Region Kobanê. Vorgehalten wird ihm weiter, Menschen eine Fahrt nach Köln zu einer Demonstration gegen den Auftritt von Erdoǧan im Mai 2014 ermöglicht zu haben. Auch seine Teilnahme an Kongressen der früheren kurdischen Föderation YEK-KOM (heute NAV-DEM) oder die Abrechnung über den Kartenverkauf einer Gedenkveranstaltung wird seitens der Anklage als "terroristische" Unterstützungshandlung stigmatisiert.
Interessant in diesem Zusammenhang ist der Zeitraum, der in diesem Prozess eine Rolle spielt, hat doch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg im November 2018 im Zuge eines Klageverfahrens festgestellt, dass die PKK in den Jahren 2014 bis 2017 zu Unrecht auf der EU-Terrorliste geführt worden ist.
In einer Prozesserklärung hat sich Mahmut Kaya im Januar zu Wort gemeldet. Neben einer ausführlichen Darstellung der kurdischen Geschichte, äußerte er sich auch zum Verfahren selbst. So habe ihm der Ort seiner Festnahme Unbehagen bereitet:
„Ich wurde am 16. Juni 2018 vor dem türkischen Konsulat in Düsseldorf festgenommen. In der Türkei und in Kurdistan fanden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Vor dem Konsulat standen Hunderte türkischer und kurdischer Wähler*innen. Und die Polizei nahm mich vor dem Konsulat fest, als wäre es woanders nicht möglich gewesen“.
Zur Anklage sagte er u.a.: „Es gab nichts, was die deutsche Gesellschaft hätte beunruhigen und das deutsche System in eine schwierige Lage hätte bringen können. Es gab keinen Fall, der Gewalt beinhaltete, der sich gegen das deutsche Volk, gegen die Öffentlichkeit, richtete. Ich habe das getan was ein Mensch tun sollte, dessen Land besetzt ist, dessen Volk unterdrückt wird“. In diesem Sinne sei er „selbstverständlich aktiv“ gewesen. Eine konkrete Straftat sei ihm nicht vorgeworfen worden, obwohl eine solche „konkret und klar definiert sein“ muss, anderenfalls „bringen abstrakte und in alle Richtungen dehnbare Formulierungen die Justiz in eine schwierige Lage, da es sich dabei um subjektive Einschätzungen handelt“. Sollte es jedoch die Staatsanwaltschaft glücklich machen, einen Kurden zu bestrafen, solle „ihr Wille geschehen“. Dem Erdoǧan-Regime würde das jedenfalls „größte Zufriedenheit und Bestätigung bringen“ – so Mahmut Kaya.
Zum Schluss appellierte er:
„Mit deutscher Unterstützung beging das Osmanische Reich den Völkermord an den Armeniern. Aus diesem Grund sagen wir: Macht euch nicht auch schuldig am kurdischen Völkermord. Leistet Erdoǧan keine wirtschaftliche und militärische Unterstützung.“
Die Verhandlung am Freitag, 22. Februar beginnt um 10:00 Uhr und die Urteilsverkündung am Montag, 25. Februar um 12:00 Uhr, jeweils im Staatsschutzsaal des OLG, Hamburg, Sievekingplatz 3