AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

26. Juni 2021

AZADÎ – Beitrag, vorgesehen fÜr die Demo gegen das Versammlungsgesetz NRW, DÜsseldorf 26. Juni 2021

Seit Jahrzehnten schon ist es bundesweit gängige Praxis der Behörden, das Versammlungsgesetz als Instrumentarium zu nutzen, um die Durchführung von Demonstrationen, Kundgebungen oder anderen Veranstaltungen von Kurdinnen und Kurden zu erschweren oder gar zu verbieten.

Diese Drangsalierungen haben die kurdischen Freund*innen früher mehr oder weniger hingenommen bzw. Auseinandersetzungen mit der Polizei riskiert, wenn Demonstrationen aufgelöst wurden, weil Menschen angeblich gegen Auflagen verstoßen haben sollen. Es handelte sich um das Rufen (verbotener) Parolen oder das Zeigen (verbotener oder vermeintlich verbotener) Symbole.
Das Abfilmen von Demos und ihrer Teilnehmer*innen, das brachiale Einbrechen der Polizei in eine Menschenmenge, das Herausziehen Einzelner, die Einkesselung von Gruppen oder einer vollständigen Demonstration über Stunden, Identitätsfeststellungen, Massenfestnahmen, Prügelorgien auch gegen Frauen, Jugendliche und Kinder – all dies ist Kurdinnen und Kurden bis zum Überdruss bekannt.
Dazu gehört auch, dass Ordnerinnen und Ordner schon im Vorfeld von der Polizei „aussortiert“ wurden, weil sie nach Meinung der Behörden die PKK unterstützen würden. Oder sie wurden im Verlauf von Demonstrationen attackiert, weil sie ein Amulett mit dem Bildnis von Abdullah Öcalan getragen hatten.
Immer schon hat der staatliche Apparat politische Ereignisse als Gelegenheit genutzt, an der Repressionsspirale zu drehen: In den 1970er Jahren war es der revolutionäre linke Aufbruch eines großen Teils der Gesellschaft, in den 1980er Jahren begannen der bewaffnete Widerstand der Kurd*innen gegen die mörderische Politik der Türkei und die Proteste gegen deutsche Waffenlieferungen an Ankara. In den 1990er-Jahren eskalierte der Krieg in Kurdistan, das PKK-Verbot wurde verfügt und Menschen gingen massenhaft auf die Straße. Zeitgleich wurde der Kampf gegen Neonazis und ihre Strukturen nötiger und intensiver. Die Menschen waren auf den Straßen.
Dann kam der 11. September 2001 – die Sternstunde der Hardliner. Unter der Federführung von Innenminister Otto Schily (einst grün, dann SPD) wurden in einer Nacht- und Nebelaktion 17 sogenannte Antiterror-Gesetze durchs Parlament gepeitscht.
Seitdem scheinen alle Hürden gefallen und der Staatsapparat überzeugt zu sein, weiter am Repressionsrad drehen zu können.
Einfallstore sind hierfür der Terror des sogenannten Islamischen Staates, das Wüten von Faschisten und Rassisten oder die Demos von Coronaleugnern. In all diesen Fällen wurde davon ausgegangen, dass die Bürger*innen Verständnis für Gesetzesverschärfungen haben und Proteste nicht zu erwarten sind.
Betroffen hiervon sind dann allerdings – traditionell – vor allem Aktionen, Demonstrationen oder Kundgebungen von Antifaschist*innen, Umweltaktivist*innen, Abschiebungsgegner*innen, Antikapitalist*innen und nicht zuletzt von Kurdinnen und Kurden.
Und selbstverständlich geht es nicht um eine herbeigeredete „innere Sicherheit“ Deutschlands, die angeblich durch demonstrierende Menschen gefährdet wird.
Vielmehr geht es den politisch Verantwortlichen um Machtdemonstration, um Kontrolle, um die störungsfreie Handeln Kapitalverwertung, um Ruhe an der Front außenpolitischer Interessen - und um die Verhinderung der Solidarität all jener, die sich diesem Politikverständnis zu Recht widersetzen.
Deshalb gilt es hier und heute vor dem Landtag laut, klar und unmissverständlich unseren Widerstand gegen das geplante Versammlungsgesetz zu zeigen. Es geht um einen – weiteren - Angriff auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit.
Treten wir der schwarz-gelben Landesregierung bei ihrem Schritt zu autoritären Machtstrukturen auf die Füße !!
Und bei SPD und Grünen werden wir sehen, auf welcher Seite der Barrikade sie stehen.
Zeigen wir gemeinsam unsere Verachtung für eine Politik, mit der Menschen zu Befehlsempfänger*innen und Sklav*innen degradiert werden sollen !

Danke.

(Diese Rede konnte – wie die anderer Gruppen – aufgrund der durch die Polizei provozierten Eskalationen nicht gehalten werden.)

   
 
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