23. März 2023
Verhandlungstermine in §129b-Prozessen gegen kurdische Aktivisten
A P R I l 2023
(Termine können kurzfristig geändert werden)
Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann bereits Ende der 1980er Jahre entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gem. § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.
In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen (Gebiets-, Regions- und Sektorleiter). Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können aber auch Einzelermächtigungen erteilt werden gegen Menschen, deren Funktion die Behörden als weniger hochrangig einstufen. Nach unserer Kenntnis sind nach aktuellem Stand 63 Aktivist:innen von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen; e l f Kurden, darunter eine Aktivistin, befinden sich derzeit in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft.
In jüngster Zeit erteilt das FDP-geführte Bundesjustizministerium zunehmend Einzelermächtigungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Aktivist:innen nach §§129a/b. Weil die Behörden bei den meisten wegen eines festen Wohnsitzes und einer Familiengebundenheit keine Fluchtgefahr annehmen, bleiben sie von einer Inhaftierung verschont.
Auf die folgenden laufenden Prozesse möchten wir aufmerksam machen:
Özgür A., OLG Koblenz (Prozesseröffnung 28.11.2022)
Montag, 17.4.
Mittwoch, 19.4.
Donnerstag, 20.4.
Montag, 24.4. und
Donnerstag, 27.4.
Die Verhandlungen beginnen jeweils um 10:00 Uhr, Regierungsstraße 7, Koblenz
Mazlum D., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 21.2.2022)
Dienstag, 4.4., Saal 5
Dienstag, 18.4., Saal 18 (Plädoyer Staatsanwaltschaft)
Donnerstag, 20.4., Saal 5 (Plädoyer Verteidigung)
Dienstag, 25.4., Saal 5 und
Donnerstag, 27.4., Saal 5
Alle Verhandlungen beginnen ab 9:00 Uhr, Olgastr. 2, Stuttgart
Ali E., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 2.11.2022)
Dienstag, 18.4. (Vernehmung der früheren Bürgermeisterin der Stadt Cizîr [Cizre] Leyla IMRET als Zeugin)
Die Verhandlung beginnt um 9:30 Uhr, Saal 3, Olgastr. 2, Stuttgart
Abdullah Ö., OLG Frankfurt (Prozesseröffnung 11.4.2022)
Mittwoch, 19.4. (Plädoyer GBA)
Freitag, 21.4. (Plädoyer Verteidigung)
Freitag, 28.4. (Urteilsverkündung)
Die Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr in Saal II, Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt/M.
Ali Ö., OLG Frankfurt/M. (Prozesseröffnung 24.4.2023)
Montag, 24.4. (Prozesseröffnung) und
Freitag, 28.4.
Beide Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr, Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt/M.
Nachfolgend möchten wir auch auf die Verhandlungstermine in §129b-Verfahren gegen Veli T., vor dem 2. Strafsenat und gegen Haydar D. vor dem 6. Strafsenat des OLG Düsseldorf wegen mutmaßlicher DHKP/C-Mitgliedschaft hinweisen:
Veli T.
Montag, 3.4., 11.00 Uhr, Saal A01 Hauptgebäude Cecilienallee 3, Düsseldorf
Montag, 17.4. und
Montag, 24.4.
Die Verhandlungen am 17. und 24.4. beginnen jeweils um 11:00 Uhr in Saal 02, Kapellweg 36, Düsseldorf-Hamm
Haydar D.
Mittwoch, 19.4.
Donnerstag, 20.4.
Mittwoch, 26.4. und
Donnerstag, 27.4.
Alle Verhandlungen beginnen um jeweils 9:30 Uhr in Saal 02, Kapellweg 36, Düsseldorf-Hamm
Wir rufen dazu auf, die Prozesse zu besuchen: Nicht die Angeklagten sind zu verurteilen, sondern die Kriminalisierung in Deutschland und der Staatsterrorismus des türkischen AKP/MHP-Regimes unter Recep Tayyip Erdoḡan.