2. Juni 2023
Verhandlungstermine in §129b-Prozessen gegen kurdische Aktivisten
Juni 2023
(Termine können kurzfristig geändert werden)
Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann bereits Ende der 1980er Jahre entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gem. § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.
In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen (Gebiets-, Regions- und Sektorleiter). Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können aber auch Einzelermächtigungen erteilt werden gegen Menschen, deren Funktion die Behörden als weniger hochrangig einstufen. Nach unserer Kenntnis sind nach aktuellem Stand 65 Aktivist:innen von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen;
zwölf Kurden befinden sich derzeit in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft.
In jüngster Zeit erteilt das FDP-geführte Bundesjustizministerium zunehmend Einzelermächtigungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Aktivist:innen nach §§ 129a/b. Weil die Behörden bei den meisten wegen eines festen Wohnsitzes und einer Familiengebundenheit keine Fluchtgefahr annehmen, bleiben sie von einer Inhaftierung verschont. Ihre genaue Zahl ist AZADÎ nicht bekannt.
Im vergangenen Monat ist eine Reihe von PKK-Prozessen mit einer Verurteilung der Betroffenen zu Ende gegangen. Gegen Özgür Ö. wurde am 10. Mai eine Haftstrafe von fünf Jahren verhängt, gegen Abdullah Ö. am 11. Mai viereinhalb Jahre, am 23. Mai gegen H. E. ein Jahr und 2 Monate, verbunden mit der Aufhebung des Haftbefehls und Ali E. wurde am 30. Mai zu einer Strafe von 3 Jahren verurteilt.
Die Eröffnung weiterer Hauptverfahren nach §§129a/b gegen kurdische Aktivisten wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft werden in den nächsten Monaten erwartet. Sie befinden sich in Untersuchungshaft in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Bayern.
Außerdem wurde Haydar D. (55) vom OLG Düsseldorf am 11. Mai wegen angeblicher „mitgliedschaftlicher Beteiligung an der „Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front“ (DHKP-C), die ebenfalls als „terroristische“ Vereinigung im Ausland eingestuft wird, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Aufgrund der langen Verfahrensdauer gelten in diesem Fall fünf Monate als vollstreckt. Den Haftbefehl hat der Senat aufrechterhalten.
Derzeit ist wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft noch ein Hauptverfahren anhängig, und zwar gegen
Ali Ö., OLG Frankfurt/M. (Prozesseröffnung 24.4.2023)
Mittwoch, 7. Juni
Montag, 12. Juni
Freitag, 16. Juni
Mittwoch, 21. Juni
Freitag, 23. Juni
Mittwoch, 28. Juni und
Freitag, 30. Juni.
Alle Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr, Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt/M.
Wir möchten außerdem auf ein umfangreiches 129b-Verfahren vor dem 7. Strafsenat des OLG Düsseldorf gegen drei Aktivisten aufmerksam machen, die vom Generalbundesanwalt beschuldigt werden, das sog. Deutschland-Komitee für die DHKP-C gebildet zu haben. Seit ihrer Festnahme im Mai des vergangenen Jahres befinden sich Özgül E., Ihsan Cibelik (auch bekannter Musiker der renommierten Band „Grup Yorum“) und Serkan K. in Untersuchungshaft.
Der Prozess gegen die drei Aktivisten beginnt
am Mittwoch, 14. Juni 2023, um 9:30 Uhr, vor dem OLG Düsseldorf, Kapellweg 36 in Düsseldorf-Hamm.
Fortsetzungstermine sind: 15., 20. und 21. Juni 2023, jeweils um 9:30 Uhr.