AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

1. August 2023

Verhandlungstermine in §129b-Prozessen gegen kurdische Aktivisten
August 2023

(Termine können kurzfristig geändert werden)

Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann bereits Ende der 1980er Jahre entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gem. § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.

In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen (Gebiets-, Regions- und Sektorleiter). Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können aber auch Einzelermächtigungen erteilt werden gegen Menschen, deren Funktion die Behörden als weniger hochrangig einstufen. Nach unserer Kenntnis sind nach aktuellem Stand 65 Aktivist:innen von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen; e l f  Kurden befinden sich derzeit in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft. 

In jüngster Zeit erteilt das FDP-geführte Bundesjustizministerium zunehmend Einzelermächtigungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Aktivist:innen nach §§ 129a/b. Weil die Behörden bei den meisten wegen eines festen Wohnsitzes und einer Familiengebundenheit keine Fluchtgefahr annehmen, bleiben sie von einer Inhaftierung verschont. Ihre genaue Zahl ist AZADÎ nicht bekannt.

Auf die folgenden Prozesse möchten wir aufmerksam machen:

Ali Ö., OLG Frankfurt/M. (Prozesseröffnung 24.4.2023)

Montag, 21. August
Freitag, 25. August

Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr, Saal II, Gebäude E, 
Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt/M.

 

Sabri Ç., OLG Koblenz

Donnerstag, 31. August ( P r o z e s s e r ö f f n u n g )

Der Prozessauftakt beginnt um 9:30 Uhr vor dem OLG Koblenz, Regierungsstr. 7.
Weitere Verhandlungen sind bis vorerst Mitte Oktober 2023 terminiert.

Auf Ersuchen der bundesdeutschen Strafverfolgungsbehörden war der kurdische Aktivist im Juni 2022 mittels eines europäischen Haftbefehls in Paris fest- und in Auslieferungshaft genommen worden. Am 12. Januar dieses Jahres erfolgte seine Überstellung nach Deutschland. Seitdem befindet sich der 52-Jährige in der JVA Wittlich.
Er wird beschuldigt, als hauptamtlicher Kader von August 2019 bis Mitte April 2021 verschiedene „PKK-Gebiete“ verantwortlich geleitet zu haben, unter anderem Saarbrücken und Hannover. Damit habe er sich „Verbrechen“ nach §§ 129a und b StGB schuldig gemacht. Neben den typischen finanziellen, organisatorischen und propagandistischen Aufgaben, soll er laut Anklage auch Parteinachwuchs rekrutiert haben.
Die Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung gem. § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erteilte das Bundesjustizministerium am 6. September 2011; eine weitere Ermächtigung datiert vom 16. März 2022.

 

Außerdem möchten wir auf ein umfangreiches 129b-Verfahren vor dem 7. Strafsenat des OLG Düsseldorf gegen drei Aktivisten aufmerksam machen, die vom Generalbundesanwalt beschuldigt werden, das sog. Deutschland-Komitee für die DHKP-C gebildet zu haben. Seit ihrer Festnahme im Mai des vergangenen Jahres befinden sich Özgül Emre Alevitin aus Dersim, Ihsan Cibelik langjähriges Mitglied der renommierten Musikband „Grup Yorum“ und der in Deutschland aufgewachsene Serkan Küpeli, in Untersuchungshaft.

Das Verfahren, das am 14. Juni 2023 vor dem OLG Düsseldorf (7. Strafsenat) eröffnet wurde, wird an folgenden Tagen fortgesetzt:

Montag, 1. August
Dienstag, 2. August
Mittwoch, 3. August
Donnerstag, 10. August
Dienstag, 15. August
Mittwoch, 16. August
Donnerstag, 17. August
Dienstag, 22. August
Mittwoch, 23. August
Montag, 28. August
Dienstag, 29. August
Mittwoch, 30. August und
Donnerstag, 31. August

Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr vor dem OLG Düsseldorf, Kapellweg 36 in Düsseldorf-Hamm.

   
 
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