AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

28. August 2023

Auftakt des §129b-Prozesses vor dem OLG Koblenz gegen den kurdischen Aktivisten Sabri Ç.

Am 31. August beginnt vor dem 2. Strafsenat des OLG Koblenz das 129b-Hauptverfahren gegen den kurdischen Aktivisten Sabri Ç..

Auf Ersuchen der deutschen Strafverfolgungsbehörden ist der 52-Jährige im Juni 2022 per Europäischem Haftbefehl in Paris fest- und in Auslieferungshaft genommen worden. Am 12. Januar dieses Jahres erfolgte seine Überstellung nach Deutschland. Seitdem befindet er sich in der JVA Wittlich in Untersuchungshaft.

Die Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Sabri Ç. gem. § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erteilte das Bundesjustizministerium am 6. September 2011; eine weitere Ermächtigung datiert vom 16. März 2022.

Sabri Ç. wird vorgeworfen, als hauptamtlicher Kader das „PKK-Gebiet“ Saarbrücken verantwortlich geleitet zu haben. Neben den typischen finanziellen, organisatorischen und propagandistischen Aufgaben soll er der Anklage zufolge auch in die Rekrutierung von Parteinachwuchs involviert gewesen sein. Einer individuellen Straftat wird er nicht bezichtigt.

Am 12. April hat die Generalstaatsanwaltschaft Anklage erhoben und der 2. Strafsenat des OLG Koblenz mit Beschluss vom 29. Juni das Hauptverfahren eröffnet. Sechs Monate nach der Überstellung fand der Haftprüfungstermin am 12. Juli statt.

Am 4. Juli hatte die Verteidigung die Aufhebung des Haftbefehls ihres Mandanten wegen Verstoßes gegen das „Beschleunigungsgebot“ beantragt.  In § 121 Abs. 1 Strafprozessordnung ist geregelt, dass Untersuchungshaft nur dann über 6 Monate hinaus angeordnet werden kann, wenn die Ermittlungen besonders umfangreich oder schwierig sind oder sonstige wichtige Gründe eine Fortdauer der U-Haft rechtfertigen. Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung der Verteidigung in diesem Fall nicht gegeben. Lediglich ein Handy, das ihr Mandant bei sich hatte, hätte ausgewertet werden sollen, was nicht geschehen sei. Obwohl – wie in Haftsachen erforderlich - eine rasche Auswertung erfolgen müsse, habe es diese Bemühungen nicht gegeben.

Über die Frage der Haftfortdauer entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH); eine solche Entscheidung liegt der Verteidigung bis heute nicht vor.

„Das OLG hat viel Zeit verstreichen lassen, ohne dass es dafür einen sachlichen Grund gibt. Es hat erst knapp drei Monate nach Anklageerhebung den Eröffnungsbeschluss gemacht und dann erst Termine im August in Aussicht gestellt, obwohl die Verteidigung auch Termine zu einem früheren Zeitpunkt angeboten hatte,“ erläuterten Rechtsanwältin Franziska Nedelmann und ihr Kollege Milan Martin zu dem Antrag. „Schließlich gilt die Unschuldsvermutung, daher ist es mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, dass unser Mandant ohne sachlichen Grund über sechs Monate in Untersuchungshaft gehalten wird. Das kommt einer Strafe gleich.“

Nach Überzeugung der Verteidigung hätte das Verfahren gegen ihren Mandanten längst beendet sein können, wären Generalstaatsanwaltschaft und OLG den Vorgaben des Beschleunigungsgebots gefolgt.

So beginnt das Hauptverfahren gegen Sabri Ç.

am Donnerstag, den 31. August 2023, um 9:30 Uhr, OLG Koblenz, Regierungsstraße 7

Weitere Verhandlungstermine sind (vorerst) bis Mitte Oktober terminiert.

   
 
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