14. Juni 2024
Schweden liefert kurdischen Aktivisten an Deutschland aus
Am Mittwoch, den 12. Juni 2024, hat das Königreich Schweden den Kurden Ferit Çelik an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert. Der 36-Jährige war am 23. Februar 2024 aufgrund eines vom Ermittlungsrichter am OLG Koblenz ausgestellten europäischen Haftbefehls in Solna nahe Stockholm festgenommen worden.
Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz, die den Haftbefehl beantragt hatte, wirft dem Aktivisten vor von Dezember 2019 bis Mai 2020 das „Gebiet Darmstadt“ sowie von Mai 2020 bis Juni 2021 das „Gebiet Saarbrücken“ als Mitglied der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) geleitet zu haben, wodurch er sich der mitgliedschaftlichen Betätigung in einer sog. terroristischen Vereinigung im Ausland nach §§ 129a, 129b Strafgesetzbuch strafbar gemacht haben soll.
Ferit Çelik wurde in Schweden aufgrund seiner Verfolgung in der Türkei die Eigenschaft als Flüchtling zuerkannt. Vor seiner Auslieferung haben die deutschen Behörden zugesagt, ihn nach dem anstehenden Gerichtsverfahren wieder an Schweden zu überstellen, damit die zu erwartende Haftstrafe dort gegen ihn vollstreckt wird und er nicht Gefahr läuft, von der Bundesrepublik an die Türkei ausgeliefert zu werden.
Trotz dieser Bedenken hinsichtlich der Sicherheit Ferit Çeliks auf schwedischer Seite ist auffällig, dass der Beitritt des skandinavischen Staats zum Militärbündnis NATO am 7. März 2024, zwei Wochen nach der Festnahme des Kurden erfolgte, der Haftbefehl jedoch bereits am 1. August 2022 vom OLG Koblenz erlassen wurde, ohne anderthalb Jahre lang vollstreckt zu werden.
Nach seiner Überstellung an die deutschen Behörden wurde Ferit Çelik dem Haftrichter vorgeführt und in der JVA Koblenz in Untersuchungshaft genommen. Damit ist er der 13. Kurde, der zur Zeit wegen des Vorwurfs Mitglied in der PKK zu sein, in deutscher Untersuchungs- oder Strafhaft ist.
Seit der Bundesgerichtshof 2010 entschied, dass die PKK als „terroristische Vereinigung im Ausland“ nach §§ 129a, 129b StGB verfolgt werden könne, und das Bundesjustizministerium 2011 die nötige Verfolgungsermächtigung erteilte, wurden bereits knapp 70 Kurd:innen wegen Mitgliedschaft in der Organisation inhaftiert.
AZADÎ kritisiert die bundesdeutsche Justiz, die sich mit ihrer Jagd auf kurdische Aktivist:innen im In- und zunehmend auch im europäischen Ausland zur Erfüllungsgehilfin des Erdoğan-Regimes macht. Während das Regime in der Türkei gewählte Bürgermeister:innen absetzen und inhaftieren lässt, führt es in Kurdistan und den Nachbarländern Krieg gegen die kurdische Bevölkerung. Mit der Kriminalisierung der kurdischen Bewegung reiht sich die Bundesrepublik in diese Kriegsfront ein.