20. August 2024
Italien liefert kurdischen Aktivisten an Deutschland aus
Letzten Freitag, den 16. August 2024, hat Italien den Kurden Selahattin K. an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert. Der 52-Jährige war bereits am 12. Juni 2024 aufgrund eines europäischen Haftbefehls in Italien festgenommen worden. Nach der Eröffnung des Haftbefehls durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am Samstag wurde er in der JVA Dortmund in Untersuchungshaft genommen.
Die Bundesanwaltschaft wirft Selahattin K. vor, zwischen Januar 2014 und Juli 2015 als „hauptamtlicher Kader“ der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) tätig gewesen zu sein. Er habe als „Sektorleiter“ des „Sektors Süd 1“ die Gebiete „Darmstadt, Frankfurt a.M., Gießen, Mannheim, Nürnberg und Saarbrücken“ sowie ab Juli 2014 als Leiter des „Sektors Mitte“ die Gebiete „Bielefeld, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln und Münster“ verantwortlich geleitet. In dieser Funktion habe er insbesondere „organisatorische, personelle und propagandistische Angelegenheiten“ koordiniert. Er habe Anweisungen erteilt und befolgt, der übergeordneten „Europaführung“ berichtet, die Ausführung von Anweisungen kontrolliert sowie Veranstaltungen und Versammlungen organisiert und durchgeführt. Diese Tätigkeiten habe er als Mitglied der PKK ausgeführt, weshalb ihn die Bundesanwaltschaft wegen mitgliedschaftlicher Betätigung in einer sog. terroristischen Vereinigung im Ausland nach §§ 129a, 129b Strafgesetzbuch anklagen will. Individuelle Straftaten werden ihm hingegen nicht vorgeworfen.
Selahattin K. ist einer von 13 Kurden, die aktuell wegen des Vorwurfs, Mitglied in der PKK zu sein, in deutscher Untersuchungs- oder Strafhaft sind. Des Weiteren ist er der siebte Kurde, der in den letzten zwei Jahren auf Betreiben der bundesdeutschen Justiz im europäischen Ausland festgenommen und an die Bundesrepublik ausgeliefert wurde, um ihn hier wegen PKK-Mitgliedschaft anzuklagen.
Auffällig im Falle von Selahattin K. ist zudem, dass der Tatzeitraum, den ihm die Bundesanwaltschaft vorhält, bereits zehn Jahre zurück liegt und zudem in die Zeit einer sog. Friedensphase fällt, während der die PKK einen Waffenstillstand erklärt hatte und mit dem Erdoğan-Regime im Dialog stand. Dieser Umstand sowie seine Festnahme im Ausland und die Auslieferung an Deutschland zeigen den unbedingten Verfolgungswillen der bundesdeutschen Justiz hinsichtlich der kurdischen Bewegung. Die fortwährende Kriminalisierung ist ein entscheidender Baustein der Kurdistan-Politik der Bundesregierung, die einer gerechten Lösung der kurdischen Frage und einer friedlichen Beilegung des Konflikts seit Jahrzehnten im Wege steht.