11. Dezember 2024
OLG Koblenz verurteilt Ferit Çelik wegen Mitgliedschaft in der PKK
Das OLG Koblenz hat heute den kurdischen Aktivisten Ferit Çelik wegen Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung verurteilt. Der 37-Jährige verließ nach Abschluss der Hauptverhandlung den Gerichtssaal auf freiem Fuße.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Ferit Çelik von Ende 2019 bis Anfang 2022 als Mitglied der PKK nacheinander die „PKK-Gebiete“ Darmstadt, Saarbrücken und Hannover geleitet habe. Er habe Demonstrationen und Versammlungen organisiert, Spenden gesammelt und geholfen, Streit innerhalb der kurdischen Community zu schlichten. Zu diesen Tätigkeiten bekannte er sich ausdrücklich vor Gericht und legte am letzten Verhandlungstag erneut dar, warum er so gehandelt hat: „Der Konflikt fing nicht mit mir an, sondern vor 100 Jahren und seitdem ist das Volk Grausamkeiten ausgesetzt. Schlimmer kann es nicht sein, als im Gefängnis von Diyarbakir. … Ich habe aufgrund meines Gewissens erkannt, dass ich an der Seite meines Volks zu stehen habe, damit sich sein Schmerz lindert, vielleicht ein wenig.“
Eine individuelle Straftat wurde Ferit Çelik – wie in den allermeisten Verfahren wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft – nicht vorgeworfen. Trotzdem machte er sich durch sein Engagement nach Auffassung des Gerichts der „mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ nach §§ 129a, 129b StGB strafbar.
Ferit Çelik war am 23. Februar 2024 aufgrund eines europäischen Haftbefehls, der von der GenStA Koblenz beantragt worden war, im schwedischen Solna festgenommen und am 12. Juni an die BRD ausgeliefert worden. Seitdem befand er sich in Untersuchungshaft, die mit der heutigen Aufhebung des Haftbefehls endete.
Die Hauptverhandlung vor dem OLG Koblenz begann erst am 14. November, sodass die Verfahrensdauer von einem Monat im Vergleich zu anderen Prozessen wegen PKK-Mitgliedschaft extrem kurz war. Dieser Umstand und die Tatsache, dass er in Schweden lebt und schnellstmöglich dorthin zurückkehren möchte, waren neben gesundheitlichen Beschwerden wahrscheinlich Gründe des Gerichts, ein nicht allzu hohes Strafmaß und eine Aussetzung zur Bewährung auszuurteilen.
Dennoch kritisiert der Rechtshilfefonds AZADÎ die heutige Verurteilung. Das im Vergleich zu anderen Verurteilungen wegen PKK-Mitgliedschaft niedrige Strafmaß und die Aussetzung zur Bewährung dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem Verurteilten keinerlei individuelle Straftaten, sondern rein demokratisches Engagement vorgeworfen wurde. Allein ein Freispruch wäre angemessen gewesen.
Zudem ist zu befürchten, dass eine erste Auslieferung von Schweden an die BRD wegen vermeintlichem PKK-Bezug und ein darauf folgendes „mildes“ Urteil nur der Anfang eines künftigen Zusammenspiels deutscher und schwedischer Repressionsbehörden zulasten der kurdischen Bewegung sein werden.