AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

05. August 2025

Mehmet Çakas' Abschiebung droht
Ende des Monats


Seit einem Monat droht akut die Abschiebung des kurdischen Aktivisten Mehmet Çakas in die Türkei. Gestern wurde ihm nun mitgeteilt, dass er am 28. August abgeschoben werden soll.

Der 45-Jährige verbüßt zur Zeit eine Haftstrafe in der JVA Uelzen, zu der er letztes Jahr vom OLG Celle wegen Mitgliedschaft in der PKK verurteilt worden war. Für das Strafverfahren war er 2022 auf Betreiben Deutschlands in Italien festgenommen und an die BRD ausgeliefert worden.
Einen Asylfolgeantrag hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) diesen Mai abgelehnt, wogegen Mehmet Çakas beim Verwaltungsgericht Lüneburg Klage erhoben hat. Diese Klage ist zwar weiterhin beim VG Lüneburg anhängig, aber da das Gericht einen Eilantrag auf die Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt hat, ist er vollziehbar ausreisepflichtig und kann im Grunde jederzeit abgeschoben werden.
Das VG Lüneburg hatte in seiner Entscheidung über den Eilantrag ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht ernsthaft geprüft. Die sog. zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote liegen vor, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass Rechtsgüter des Betroffenen, die durch die Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützt sind, in dem für die Abschiebung in Betracht kommenden Zielstaat verletzt werden. Dies ist etwa der Fall, wenn dem Betroffenen Folter, unmenschliche und erniedrigende Behandlung und Strafe drohen oder wenn ein unfaires Verfahren gegen ihn zu erwarten ist.
Anfang Juli erklärte die Generalstaatsanwaltschaft Celle, auf eine weitere Vollstreckung der Haftstrafe zu verzichten, wenn Mehmet Çakas direkt aus der Haft in die Türkei abgeschoben würde. Damit machte sie den Weg für die Abschiebung frei, obwohl allein die Tatsache, dass er in Deutschland wegen PKK-Mitgliedschaft verurteilt wurde, zur Annahme berechtigt, ihm würden in der Türkei weitere Verfolgung, unfaire Verfahren und sogar Folter drohen. Tatsächlich laufen Strafverfahren gegen ihn, in denen ihm eine verschärfte lebenslängliche Freiheitsstrafe droht, die mit den Grundrechten des Grundgesetzes und den Menschenrechten der EMRK unvereinbar ist.
Da Mehmet Çakas 2023 von Italien an Deutschland ausgeliefert worden war, darf er als türkischer Staatsbürger nicht ohne Zustimmung Italiens in einen dritten Staat ausgeliefert oder abgeschoben werden. Diese Zustimmung haben die deutschen Behörden anscheinend in der Zwischenzeit eingeholt. Stattdessen wurde ihm gestern mitgeteilt, dass die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen die JVA Uelzen informiert habe, dass er am 28. August abgeholt werde, um ihn abzuschieben.

Zur Zeit laufen allerdings noch weitere Verfahren, die eine Abschiebung verhindern könnten: Zum Einen hat das Anwält:innen-Team um Mehmet Çakas einen Eilantrag gegen die Abschiebung beim Bundesverfassungsgericht gestellt. Mit einer Entscheidung ist noch vor dem 28. August zu rechnen.
Zum Anderen hat das VG Lüneburg über die Klage gegen den ablehnenden Bescheid des BAMF aus dem Mai noch gar nicht entschieden. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass die Entscheidung des BAMF einer rechtlichen Prüfung überhaupt nicht standhält. Der Termin zur mündlichen Verhandlung in dieser Hauptsache ist am 8. September – anderthalb Wochen nach der angekündigten Abschiebung.

Der Rechtshilfefonds AZADÎ kritisiert das Vorgehen der beteiligten Behörden und Gerichte scharf. Sie nehmen die drohenden Gefahren für Grund- und Menschenrechte oppositioneller Kurd:innen in der Türkei durchweg nicht ernst. Stattdessen lassen sie sich von einer rassistischen Hysterie treiben und beteiligen sich an der vom damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen „Abschiebeoffensive“. Die Landesaufnahmebehörde schafft Fakten, indem sie Mehmet Çakas abschieben will, bevor das VG Lüneburg über die Entscheidung des BAMF entschieden hat. Das mag zwar dem herrschenden Recht entsprechen, ist eines demokratischen Rechtsstaats aber unwürdig und verkürzt das Recht auf effektiven Rechtsschutz in einem unerträglichen Maße. Nun ist es an der Zivilgesellschaft, sich diesem Handeln der Verwaltung entgegenzustellen und die niedersächsische Landesregierung zu einem Umdenken und Einschreiten zu bewegen.

   
 
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