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14. Oktober 1998

Jungle World

Sony treibt's zur Weissglut 

Erstmals seit den Böhsen Onkelz hat ein Major-Label eine rechtsextreme Band unter Vertrag genommen 

Die Band Weissglut um den Antisemiten Josef Klumb, alias Jay Kay aus Bingen, ist jetzt beim Sony-Label Dragnet/ Epic gelandet. Zu Klumbs Repertoire gehören die Nazi-Propagandathese von der Ermordung des Hitlers-Stellvertreters Rudolf Heß, Verschwörungstheorien im Gefolge seines Freundes Jan van Helsing und der Glaube an die Existenz von Ufos. Diese wirre Mischung gab er als Sänger von Forthcoming Fire auf Platten und in Interviews zum besten. 

Klumb besetzt eine Kreuzung zwischen organisiertem Rechtsextremismus und der Subkultur: Er ist Mitarbeiter im rechtsextremen Verlag VAWS (Verlag und Agentur Werner Symanek). Dort bastelt er an der Verknüpfung von rechter Propaganda und subkulturellen Accessoires, wie beim Riefenstahl-Sampler (1997) und dem soeben erschienenen Nachfolge-Projekt zu Ehren des Nazi-Bildhauers Josef Thorak. 

Für die rechtsextreme Junge Freiheit (JF) posierte Forthcoming Fire in einer Werbeanzeige im Darkwave-Magazin Zillo. In einem Interview mit der JF meinte Klumb im Februar 1996: "Ich glaube an die Lichtgestalt dieser geschändeten Nation. Ihre Geisteskultur, die eine liebende ist, kann und darf nicht länger unterdrückt werden." 

Ein knappes Jahr später tauchten Klumb und Anhang gemeinsam mit den JF-Autoren Ellen Kositza und Claus-Michael Wolfschlag bei einer Veranstaltung mit Alfred Schobert vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (Diss) auf. Da deutlich war, daß Klumb und seine JF-Freunde die Veranstaltung stören wollten, wurden sie vor die Tür gesetzt. Dabei setzte sich Klumb mit Bissen und Schlägen zur Wehr. 

In der Vergangenheit hatte sich Klumb durch teilweise konfuse Drohungen gegen Antifas hervorgetan. So erhielt das Juz Bingen, wo Klumb Hausverbot hat, im Oktober 1995 einen wirren Brief: "ICH befinde mich in einem HEILIGEN KRIEG; UND WER ZWICHEN DIE FRONTEN GERÄT indem er aus Unverständnis mir zu nahe kommt oder meinem Umfeld beschwört sich eine GEWALT herauf die ich nicht zu verantworten habe, und die sich entlädt ohne Spuren zu hinterlassen" (alle Fehler im Original). 

Sein Versuch, sich in der Mainzer Lokalpresse als Märtyrer wichtig zu machen, scheiterte. Und so polemisiert wenige Tage nach der Veranstaltung eine sichtlich beleidigte Kositza in der JF gegen "intolerante und undemokratische" AntifaschistInnen und beschuldigt Schobert, "kritikunfähige Jugendliche gegen Menschen konservativer Geisteshaltung" aufzuwiegeln. 

Vorher schon, in einem Flugblatt des Nazi-Esoterikers G. Petak alias Kadmon (Musikprojekt Allerseelen) vom 13. Juli 1997, wird der Rausschmiß Klumbs in eine Reihe mit Angriffen gegen prominente Rechte gestellt. Der Nazi-Barde Frank Rennicke und der Vordenker der französischen "Neuen Rechten", Alain de Benoist, tauchen ebenso auf wie der Revisionist Ernst Nolte und Rainer Zitelmann. Um Josef Klumb wird ein Mythos gebastelt, der ihn als Opfer linker "Gesinnungsterroristen" stilisiert. 

Die vermeintlich "unpolitischen" Teile der Darkwave-Szene haben sich nicht nur durch Verharmlosungen Klumbs hervorgetan, sondern den Mythos von Rechts begeistert aufgenommen. So wird der hauseigene Märtyrer zum Anfassen auch im Berliner Dark Sign bemüht. 

In einem "Offenen Brief an alle Printmedien" beklagen sich Redakteure des "Fanzine für die dunkle Seite der Kultur" über "die politisch korrekten Leute (...) die eine Hetzjagd auf Zeitungen und Bands machen". Die Opferstilisierung gipfelt in der Frage, ob "demnächst jeder vergast" werde, "der ein falsches Wort sagt, welches von jenen Antifa-Saubermännern als rechtsradikal ausgelegt wird". 

  •  Daniel Hügel