Reste-Rampe in
Riesa
NPD-Zeitung zieht um
Über Sinning is jetz a Ruah: Die Deutsche Stimme (DS) ist weg. Der
bisherige Vermieter der NPD-Partei-Zeitung und nebenberufliche
Wehrsportleiter, Anton Pfahler, wurde jüngst wegen Waffenhandels zu
knapp vier Jahren Haft verurteilt. Außerdem war es wohl auf die Dauer
zu nervig, der Polizei bei Razzien immer wieder erklären zu müssen,
wo denn all die Waffen herkommen.
Als neues Domizil hat sich der DS-Verlag das kleine, aber keineswegs
unbescholtene Örtchen Riesa in Sachsen ausgesucht. Dort war zur
letzten Kommunalwahl der NPD-Kandidat Jürgen Günz in den Stadtrat
eingezogen, die Liste der Nazi-Übergriffe in der Region ist lang und
in der Stadtverwaltung herrscht der übliche Verharmlosungsdrang vor.
In der Mannheimer Straße des Gewerbegebiets Weida steht das Objekt,
das neuer Sitz der DS werden soll. Dort wollen auch andere
Nazi-Firmen einziehen: Die rechte Stadtjugend wartet sehnsüchtig auf
den Nazimusik-Vertrieb Pühses Liste, auch CDs sollen in dem Gebäude
gepresst werden. Zudem werden hier demnächst Nazi-Devotionalien - von
der Büste bis zur Fahne -zu erhalten sein. Ein Schulungszentrum ist
ebenfalls in Planung, Doppelstockbetten wurden bereits aufgestellt.
Für die Sicherheit des Hauses soll eine auf dem letzten NPD-
Landesparteitag gegründete sachsenweite Ordnergruppe zuständig sein.
Aber nicht allen ist diese Mischung aus Verlag, Kaderschmiede und
Reste-Rampe willkommen: Die örtliche Antifa mobilisiert gegen das
Naziobjekt, ebenso ein neu gegründetes Bündnis Gegen Rechts Riesa
(BGRR), dem neben dem DGB auch PDS, Bündnisgrüne und die Diakonie
angehören. Als das Bündnis beim sächsischen Verfassungsschutz und der
SoKo Rex anfragte, ob sie an einer Info-Veranstaltung für die Riesaer
BürgerInnen über NPD und DS teilnehmen würden, lehnten beide Behörden
ab.
Im Riesaer Rathaus gab man sich anfangs geschockt über den Nazi-
Zuzug, sah jedoch keine Möglichkeit, dies zu verhindern. Auf die
Gründung des BGRR reagierten Bürgermeister und
Stadtratsfraktionschefs von SPD, CDU und PDS dann hektisch und
kündigten ein Bündnis »gegen Rechts- und Linksextremismus - Für Ruhe
und Ordnung in Riesa« an.
Der Plan wurde zwar wieder verworfen, zeigt aber, dass die Worte des
Oberbürgermeisters, er würde sich den guten Ruf seiner Stadt
»keinesfalls kaputt machen lassen«, weniger gegen die NPD, sondern
mehr gegen deren Gegner gerichtet sind.
arthur leone
Am 12. Februar findet in Riesa eine Demonstration gegen das Zentrum
der Deutschen Stimme statt. Auftakt: 14 Uhr, Am Riesenhügel
(Bahnhofstraße).
Quelle: Jungle World vom 19.01.2000
Schlagworte: Rechtsextremismus, Wirtschaft
/ Handel, Praxis, Anti-Rechtsextremismus, Antifa