|
Kampagne für die Abschaffung
des Residenzpflichtgesetzes!
17. bis 19. Mai 2001: Aktionstage
in Berlin
Wir fordern die sofortige und
bedingungslose Abschaffung des gegen die Flüchtlinge in Deutschland
gerichteten Apartheid Residenzpflichtgesetzes!
Wir protestieren gegen die
ständigen Kontrollen von Flüchtlingen durch deutsche Behörden
und gegen die Politiker und Legislative, die diese verantworten.Bewegungsfreiheit
ist unser individuelles und fundamentales Recht!Beteiligt euch an Aktionen
zivilen Ungehorsams!
In einem demokratischen
Land wäre der einzige Grund für die Kontrolle und Überwachung
von Personen durch die Polizei eine gravierende Gefährdung der öffentlichen
Ordnung oder der Schutz der BürgerInnen. Eine solche Kontrolle geschähe
auf der Grundlage der Verfassung durch ein Organ des Staates. Dabei dürfte
nicht nach Herkunft, Religion, Hautfarbe oder Rasse der kontrollierten
Person unterschieden werden. Die Realität in Deutschland ist jedoch
eine andere.
Flüchtlinge in Deutschland
sind das Opfer des Residenzpflichtgesetzes, eines Systems von Aufenthaltszuweisungen
und -beschränkungen, vergleichbar mit der Ära der Apartheid in
Südafrika. Auch Deutschland hat seine "Passgesetze" und seine Homelands.
Es ist Flüchtlingen verboten, sich in Deutschland frei zu bewegen.
Sie dürfen den ihnen als Wohnort zugewiesenen Landkreis nicht verlassen
und sind verpflichtet in einer ihnen zugewiesenen Flüchtlingsunterkunft
(oft abgelegen oder mitten im Wald) zu wohnen. Die Realität dieser
Gesetze ist die Unterwerfung der MigrantInnen unter erniedrigende Polizeikontrollen.
Diese Kontrollen finden auf der Basis von äußerlich sichtbaren
Unterschieden zu den weißen Mehrheitsdeutschen statt.
Bewegungsfreiheit ist nicht
verhandelbar und sollte in jeder demokratischen Gesellschaft geschützt
werden, denn sie ist die Grundlage, auf der sich die menschliche Persönlichkeit
erst entwickeln kann.
Artikel 13 (1) der
auch von Deutschland unterzeichneten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
besagt Jeder Mensch hat das Recht auf Bewegungsfreiheit und auf freie Wahl
des Wohnortes innerhalb eines Staates. Wir protestieren deshalb entschieden
gegen diese Form der Polizeikontrollen, die uns diskriminieren und unsere
Bewegungsfreiheit unter völliger Missachtung unserer Menschenwürde
und unserer Menschenrechte einschränken. Wie die Passgesetze der Apartheidära
in Südafrika ist auch die Residenzpflicht Grundlage für rassistisch
motivierte selektive Polizeigewalt nach den Unterscheidungskriterien von
"Rasse", Hautfarbe, Religion und Nationalität. Dies ist nicht nur
grundgesetzwidrig, es ist vor allem unzivilisiert. Es gefährdet die
Flüchtlinge. Die allgemeine Unsicherheit, in der Flüchtlinge
und MigrantInnen leben, wird so staatlich gefördert. Diese Polizeikontrollen,
die uns daran hindern, uns von einem Ort zum anderen zu bewegen, - und
zwar ohne dass wir straffällig geworden wären - bedeuten bewusst
zugefügtes schweres physisches und psychisches Leid, ausgelöst
von staatlichen Institutionen. Wir werden mit willentlicher Brutalität
unmenschlich und erniedrigend behandelt und in unserer persönlichen
Entwicklung bedroht, nicht selten sogar zerstört. Geschützt von
Staat und Gesetz zementieren deutsche Polizeibeamte tagtäglich den
institutionellen Rassismus, verstoßen gegen den Datenschutz, indem
sie in unsere Privatsphäre eindringen und in die Privatsphäre
derjenigen Deutschen, die zu Flüchtlingen und MigrantInnen in Verbindung
stehen. Sie tun dies um ein Gesetz umzusetzen, das uns unser Recht auf
Bewegungsfreiheit abspricht.
Auf der Grundlage von §
36 des Ausländergesetzes und § 56 des Asylverfahrensgesetzes
werden wir zu Kriminellen gestempelt Wir werden erkennungsdienstlich behandelt
und unter Zwang fotografiert, unsere Fingerabdrücke werden genommen
und eine Kriminalakte über uns angelegt. In den Polizeikontrollen,
die gegen unsere Bewegungsfreiheit zielen, werden wir wie Kriminelle behandelt.
Wir werden das Opfer von staatlich gedeckter Polizeibrutalität, werden
geschlagen und müssen uns ausziehen, bekommen den Finger in den Hals
gesteckt und in den Anus, eine Behandlung, die einige von uns schon das
Leben gekostet hat. Wir nennen dies Apartheid, weil die Residenzpflicht,
diese deutschen "Passgesetze", uns zu öffentlich Verdächtigen
machen, ohne dass wir Kriminelle sind; weil wir aus rassistischen Gründen
eingesperrt werden, ohne ein Verbrechen begangen zu haben - und dies alles
"legal" auf der Grundlage von § 59 und § 85 (2) Asylverfahrensgesetz.
Für den wiederholten Verstoß gegen die Residenzpflicht können
wir mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden, die Entscheidungsgewalt
darüber liegt bei den staatlichen Stellen. Oder wir können für
den Verstoß gegen die Residenzpflicht zu einer Geldstrafe von bis
zu 5.000 DM verurteilt werden (nach AsylVfG § 86). Und wenn wir die
Strafe (bei 80 DM Bargeld monatlich) nicht bezahlen können, müssen
wir wie Zwangsarbeiter oder Sklaven arbeiten, um die Strafe abzuarbeiten
(für 3 DM die Stunde). Dies ist übelste Ausbeutung, wie sie die
Vereinten Nationen in Artikel 4, 5, 6, 9, 13 und 14 der Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte verboten haben.
Wir werden mit diesen Polizeikontrollen
kriminalisiert, wie Kriminelle oder Mörder behandelt. Aber es geht
noch weiter Ein Flüchtling kann festgenommen und für bis zu 18
Monate bis zu seiner Abschiebung inhaftiert werden, ohne dass er kriminell
geworden ist - all das auf legaler Grundlage (geregelt in § 57 Ausländergesetz).
Sind wir Reisende gleichgestellt mit Mördern in Eurem Land? Wir protestieren
gegen rassistische Kontrollen, rundlose Festnahmen und Haft und den institutionalisierten
Rassismus!
Deutsche haben oft die Tatsache
vergessen oder verdrängt, dass sie mehr als andere Länder von
dem internationalen Recht auf Asyl profitiert haben, zuerst in der Zeit
des Nationalsozialismus, als unzählige Deutsche überall in der
Welt um Asyl nachsuchten, ein zweites Mal nach dem Zweiten Weltkrieg, als
sogar schuldige Nazis im Ausland Zuflucht fanden, teilweise in den selben
Ländern aus denen heute Flüchtlinge und MigrantInnen nach Deutschland
kommen - Flüchtlinge die unter dem Schutz der Allgemeinen Menschenrechtserklärung
der UN stehen. Aber wie ist die Lage in Deutschland heute? Die deutsche
Realität ist bestimmt von der politisch gewollten Zerschlagung des
individuellen und fundamentalen Rechts des Individuums auf Asyl. Wir wollen
die deutsche Gesellschaft in diesem Kontext an ihre historischen Verpflichtungen
erinnern.
Die repressive Politik gegen
Flüchtlinge durch den deutschen Staat wirkt weltweit und eskaliert
ständig. Die deutschen Behörden arbeiten dabei engstens mit den
Faschisten, Diktatoren und korrupten Regimen der Herkunftsländer der
Flüchtlinge zusammen.
Wir protestieren und rufen
zur sofortigen Abschaffung der Residenzpflicht auf. Wir tun dies in Fortsetzung
unseres politischen Kampfes für menschliche Freiheit im Exil. Denn
die Residenzpflicht schränkt auch unser Recht auf Meinungs- und Redefreiheit
sowie das Recht auf Vereinigung ein und verstößt damit gegen
die Artikel 13, 19, 20, 27 und 29 der von Deutschland unterzeichneten Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte.
Jeder Kompromiss mit der
Einschränkung des Rechts des Einzelnen auf Bewegungsfreiheit und mit
der Beschränkung von Flüchtlingen auf Aufenthaltsbereiche ist
der Ausdruck politischer Korruption, bedeutet Diskriminierung und stellt
einen groben Verstoß gegen die Menschenrechte dar.
Wir fordern ein Ende der
Polizeikontrollen, die uns das Recht nehmen, uns frei zu bewegen, die uns
das Recht nehmen, frei zu leben. Denn Bewegung ist Leben und Freiheit.
Wir fordern Freiheit in einem als demokratisch angesehenen Staat.
Hört damit auf, rassistische
Gesetze umzusetzen.
Es gibt nur eine Menschheit,
sie kann nicht aufgespalten werden, auch nicht vom deutschen Staat.
Die Zeit ist reif, gegen
diese Gesetze zivilen Ungehorsam zu leisten.
Nieder mit der Residenzpflicht,
den Apartheid-Gesetzen Deutschlands!
Bewegungsfreiheit ist unser Recht!
Deutschland ist für Flüchtlinge nicht sicher!
17.-19. Mai 2001 Protestmarsch und Aktionen in Berlin
Für die Abschaffung der Residenzpflicht
nach § 36 Ausländergesetz und § 56 Asylverfahrensgesetz!
Wir fordern Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge in Deutschland!
Da Flüchtlinge kein Geld
besitzen, um die Kampagne zu finanzieren und überhaupt an ihr teilnehmen
zu können, sind Spenden absolut notwendig. Am dringlichsten ist die
Finanzierung von Bussen und anderenReisemöglichkeiten, ohne viele
Flüchtlinge nicht kommen können.
Spendenkonto: 0231633905,
BLZ: 860 100 90 PostBank Leipzig; Stichwort: Berliner Residenzpflicht Protest
Die Karawane für die Rechte
der Flüchtlinge und MigrantInnen in Deutschland
Koordinierung der Kampagne:
The VOICE Africa Forum,
Flüchtlings-Menschenrechtsgruppe, Schillergässchen 5, 07745 Jena,
Thüringen,
Tel. 0049(0)3641-665214,
423794 Fax 03641-423795, 420270.
Mobilfunk +49(0)175-326
7398, 0170-475 0618, E-mail The_VOICE_Jena@gmx.de
In Zusammenarbeit mit der
Brandenburger Flüchtlingsinitiative;
Links:
http://www.humanrights.de/
- http://www.umbruch-bildarchiv.de/
- http://www.freespeech.org/inter/residenz
Berliner Vorbereitungsbündnis
c/o Antirassistische Initiative, Yorckstr. 59, 10965 Berlin,
Tel. 030-785 7281, Fax 030-786
9984, e-mail: ari@ipn.de
|