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Auf- und Untergang der HausbesetzerInnenbewegung in Ostberlin. Eine unvollständige Chronik

Manchmal brennt die Bahn

9. November 1989: Honni macht die Tore auf. In Westberlin explodieren die Mieten, es gibt immer mehr Obdachlose, in Ostberlin stehen zigtausend Wohnungen leer und die Rechtslage wird zunehmend unklarer.

Frühjahr 1990: Nach und nach ziehen Jugendliche aus DDR und BRD in die leeren Häuser ein. Der BesetzerInnenrat, der sich bildet, zählt mehr als 120 Hausbesetzungen.

Sommer 1990: Die Volkspolizei macht einen Bogen um die autonomen Zonen, die HausbesetzerInnen verhandeln mit dem Ostberliner Magistrat um Verträge, die Sonne scheint viel und warm, Ärger machen nur ein paar Nazis, die immer wieder Linke angreifen und in der Weitlingstraße selbst ein Haus besetzen.

3. Oktober 1990: Deutschland einig Vaterland. Die Polizeihoheit geht an Westberlin über. Erster Knüppeleinsatz von Westpolizisten in Ostberlin. Die Vopos staunen nicht schlecht.

12. November 1990: Polizisten räumen drei Häuser in der Pfarr- und der Cotheniusstraße. Nach einer Protestaktion in Friedrichshain bespritzen Wasserwerfer völlig unvermittelt die zwölf besetzten Häuser in der Mainzer Straße. Eine Straßenschlacht beginnt, die in der Nacht damit endet, daß sich die Polizei aus dem Kiez zurückziehen muß.

14. November 1990: Mehr als 4 000 Polizisten und Spezialkommandos aus der ganzen BRD räumen in einem brutalen Einsatz und unter Anwendung scharfer Waffen die verbarrikadierte Mainzer Straße.

Ende November 1990: Die Berliner Grünen lassen aus Protest gegen die Räumung die Koalition mit der SPD platzen.

November/Dezember 1990: Es wird weiter geräumt: Kadinerstraße und Lübbener Straße in Westberlin.

1991 bis 1992: Über 85 Hausbesetzungen werden durch verschiedene vertragliche Lösungen legalisiert.

September 1995: Räumung des selbstverwalteten Abenteuerspielplatzes Ecke Kreutziger/Boxhagener Straße.

25. Januar 1996: Der ehemalige Bundeswehrgeneral Jörg Schönbohm wird Innensenator und kündigt an, alle besetzten Häuser räumen zu lassen.

26. März 1996: Räumung der Palisadenstraße 49.

27. März 1996: Räumung der Kleinen Hamburger Straße 5.

April 1996: Räumung Vorderhaus Rigaer Straße 80 und des seit Anfang 1995 besetzten Hauses in Alt Stralau.

Mai 1996: Räumung eines von Punks besetzten Geländes in der Kreutziger Straße und der Samariterstraße 31.

Juni 1996: Die Polizei überfällt ein friedliches Hoffest in der Kreutziger Straße wegen angeblicher Lärmbelästigung - um 21.55 Uhr.

Juli 1996: Räumung der Wagenburg an der East-Side-Gallery und eines Hinterhauses in der Kreutziger Straße 11.

August 1996: Räumung des letzten besetzten Hauses in Westberlin Ecke Marchstraße/Einsteinufer.

September 1996: Räumung Linienstraße 158/159.

Oktober 1996: Räumung Kinzigstraße 9, Vorderhaus, Kreutziger Straße 21 und Teilräumungen in der Kreutziger Straße 11, 12 und 13. Eine Neubesetzung in der Pfarrstraße wird direkt wieder geräumt.

1. November 1996: Den HausbesetzerInnen platzt der Kragen. Eine Straßenbahn in Friedrichshain geht in Flammen auf, wenig später brennt auf dem Firmengelände des Eigentümers der Palisadenstraße 49 der Fuhrpark.

Ein halbes Jahr ist Ruhe.

21. Mai 1997: Räumung Niederbarnimstraße 23.

29. Juli 1997: Räumung Scharnweberstraße 28, Pfarrstraße 88, Seitenflügel Schreinerstraße 14 und Rigaer Straße 80.

Jetzt gibt es laut Senat noch drei besetzte Häuser: Rigaer Straße 83 (steht kurz vor Abschluß eines Kaufvertrages zwischen BesetzerInnen und Eigentümer), Kinzigstraße 25/27 (hier möchte das Bezirksamt zusammen mit den Besetzern ein Jugendprojekt einrichten) und in die Rigaer Straße 80 durften die Geräumten auch wieder einziehen. Auch die HausbesetzerInnen sprechen von noch drei besetzten Häusern, allerdings von anderen ...

     Zusammengestellt von Ivo Bozic