Wenn die Zeiten schlecht
sind, tu etwas.
Wen es funktioniert, mach weiter.
Wenn es nicht funktioniert,
tu etwas anderes.
Aber gib nicht auf: tu etwas.
(Audre Lord, Schwarze Aktivistin und Feministin)
Das ist der Gipfel:
Schon wieder eine Demo in
Davos!
Vom 27. Januar bis 1. Februar 2000 findet
in Davos das 30. World Economic Forum (WEF) statt. 2000 selbsternannte
«Global Leaders» treffen sich in der entspannten Atmosphäre
des Winterkurortes, um informelle Kontakte zwischen Wirtschaftslobby und
Politmanagement zu knüpfen, milliardenschwere Ausbeutungsprojekte
einzufädeln und weitreichende Entscheide über die Köpfe
der Betroffenen hinweg vorzubereiten. Bei der Gründung 1971 war das
WEF ein Managementseminar unter vielen. Mittlerweile gehört es zu
den wichtigsten «Think Tanks» der Wirtschaftstrategen des Nordens.
Ausgehend vom Hauptsitz in Genf wird ein Netz von regionalen und internationalen
Treffen organisiert.
WEF - das ist das letzte!
«New Beginnings: Making a Difference:
The Annual Meeting 2000 is the first top level international meeting of
the new millennium. (...) The opinion-leaders and decision-makers who gather
in Davos have both the will and the position to make a difference.»*
Nach dem Scheitern der Millennium Runde in Seattle kommt dem Treffen in
Davos eine besondere Bedeutung zu. Das WEF könnte erneut in die Bresche
springen: Bereits in den achtziger Jahre gab das WEF den entscheidenden
Implus für die Uruguay Runde des GATT (General Agreement on Tariffs
and Trade). Diese Verhandlungen führten 1995 zur Gründung der
WTO (World Trade Organization).
WTO kills people - kill the WTO!
Der Gipfel in Seattle war für die
WTO ein Debakel, für andere ein Spektakel. Die im Vorfeld laut gewordenen
Differenzen zwischen den Machtblöcken innerhalb der WTO konnten an
der Ministerkonferenz in Seattle nicht aus dem Weg geräumt werden.
Dazu führten die massiven Proteste von WTO-GegnerInnen vor Ort zu
zeitlichen Verzögerungen, die den Handlungsspielraum der RegierungsvertreterInnen
zusätzlich einschränkten. Schliesslich konnten sie sich nicht
über die Agenda der Millennium Runde einigen. Deshalb werden die Global
Players jetzt alles daran setzen, um aus dieser verfahrenen Situation herauszukommen.
Die Zeit drängt. Das WEF bietet im Janaur eine Super-Gelegenheit,
die aus dem Takt geratene WTO-Maschinerie wieder in Schwung zu bringen.
WEF - Mördertreff
Auf der Internetseite zeigt das WEF, wie
die Probleme der Welt in einigen wenigen Sätzen abgehandelt werden
können; Patentlösung hinbegriffen. es geht dem WEF z.B. nicht
darum, ob die Befürchtungen gegenüber Gentechnologie begründet
seien, sondern wie die zu deren Vermarktung nötige Akzeptanz hergestellt
werden soll («What is the best strategy to overcome fears?»
**).
Trotz den zerstörerischen Folgen
des «freien» Marktes, wird WEF-Gründer und Präsident,
Klaus Schwab, nicht müde, den «Geist von Davos» als Friedenstifter
und Wohlstandsbringer zu beschwören. Das WEF setze sich dafür
ein, dass «Wirtschaft und Politik im 21. Jahrhundert umweltgerechter,
sozialer und menschlicher werden. (...) Der Geist von Davos versucht konstruktiv
und nicht destruktiv und demagogisch Grundlagen für eine bessere Welt
zu schaffen. Deshalb sind die diesjährigen Diskussionen dem Thema
Humanisierung der Globalisierung gewidmet.» (ganzseitiges Inserat
in Schweizer Tageszeitung, 30. Januar 1999). Am gleichen Tag traf in Davos
der russische Ministerpräsident Primakow Richard Matke, den Präsidenten
der us-amerikanischen Ölgesellschaft Chevron. Dort wurde der langjährige
Streit zwischen der Türkei und Russland über den Weg der Ölpipelines
beigelegt und die Verhaftung des Vorsitzenden der kurdischen Arbeiterpartei
PKK, Abdullah Öcalan, geplant. Öcalan gegen Öl: so wurde
versucht, dem Widerstand in Kurdistan die Spitze zu brechen. Das WEF bietet
die Möglichkeit für solche inoffiziellen Hinterzimmer-Deals,
während sich die PolitikerInnen und ManagerInnen im Blitzlicht der
Medien sonnen und sich der Öffentlichkeit als FriedenstifterInnen
und WeltretterInnen präsentieren können.
Davos, little big global city
Davos, der prestigeträchtige Winterkurort
verwandelt sich während dem WEF in eine part-time Global City: Ein
Knotenpunkt von Finanz-, Kommunikations- und Migrationsbewegungen. Solche
Macht- und Businesszentren liegen mehrheitlich in den Händen von weissen
Männern und funktionieren nur dank der unsichtbar gemachten Arbeit
von MigrantInnen. In Global Cities fallen Arbeiten an, die niemensch machen
will - putzen, kochen, waschen... Notwendige und nicht rationalisierbare
Arbeiten, die die Global Cities reproduzieren und für die vielbeschäftigte
Manager keine Zeit haben. Nur als ReproduzentInnen der westlichen Businesszentren
sind MigrantInnen akzeptabel. Migrationsbewegungen sind nicht eine Folge
der Globalisierung, sondern ein unabdingbaren Bestandteil derselben.
Während für Güter, Kapital
und Dienstleistungen die Grenzen abgeschafft werden sollen, wird die Mobilität
der Menschen kontrolliert verhindert.
Homo Oeconomicus: don't feed him, cook
him!
Frauen erfüllen auf dem Weltmarkt
mehrere Funktionen, die eng mit ihrer gesellschaftlich zugeschriebenen
Rolle verbunden sind. Die Hausarbeit ist die unverzichtbare Grundlage des
kapitalistisches Systems. Und diese (unbezahlte) Reproduktionsarbeit verrichten
vor allem Frauen. Seien es nun Hausfrauen oder angestellte Putzfrauen,
ihre Arbeit wird nicht als Arbeit anerkannt und kommt in den Rechnungen
der ÖkonomInnen nicht vor. Aber was wäre ein Bankdirektor ohne
gebügeltes Hemd? Was eine Versicherungsagentur, die nicht täglich
gereinigt wird? Was der gesamte Weltmarkt, wenn Frauen keine Kinder gratis
austragen und erziehen würden? Wie würden Treffen der «Global
Leaders» wie das WEF ohne die entwertete Frauenarbeit funktionieren?
Erst durch diese erzwungene «Arbeits»-Teilung kann die Frauenarbeitskraft
ausgebeutet werden.
Dazu kommt noch mehr: im Bereich der illegalisierten
Hausangestellten und bei Sexarbeiterinnen wird die gesellschaftliche Doppelmoral
besonders deutlich. Illegalisierte Migrantinnen werden aufgrund der bestehenden
Nachfrage geduldet. Sobald sie jedoch öffentlich und sichtbar werden,
droht ihnen die Ausschaffung.
Millennium in Seattle oder Davos - der
Widerstand geht weiter
Was wäre, wenn nach Genf, Köln
und Seattle auch in Davos nicht alles so reibungslos über die Bühne
ginge? Wenn die selbstherrlichen «Global Leaders» zu spüren
bekämmen, dass sie nicht einfach so schalten und walten können,
wie es ihnen passt... Es könnte ja sein, dass sie in Davos, das in
diesen Tagen im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit stehen wird, Widerstand
regt. Es könnte ja sein, dass viele Menschen zeigen, dass sie mit
einer Welt à la WEF, IWF, WTO, Weltbank nicht einverstanden sind.
Es könnte ja sein, dass einem/ einer im verschneiten Davos trotz Kälte
und eisigem Wind warm ums Herz wird. Es liegt an uns und kommt darauf an
im richtigen Moment am richtigen Ort das richtige zu tun!
Schwabliger Dialog
Die Anti-WTO-Koordination hat sich zum
Ziel gesetzt, den Mythos des friedfertigen Geistes von Davos zu demaskieren.Darum
lassen wir uns, wie letztes Jahr während der Demo, nicht auf einen
Dialog mit der WEF-Leitung ein und werden dies auch in Zukunft nicht tun.
Wir sprechen dem WEF und politischen und wirtschaftlichen Eliten, die den
Hungertod von Millionen von Menschen verursachen, jegliche Legitimation
ab und sehen nicht ein, weshalb wir uns mit ihnen an einen Tisch setzen
sollten. Vielmehr fahren wir nach Davos, um uns gegen eine Wirtschaftlichspolitik
zu wehren, die die Ungerechtigkeit zwischen Nord und Süd, Reich und
Arm verstärkt und insbesondere die Situation der Frauen noch verschlechtert.
Demo Samstag, 29.1.2000
15 Uhr
Bahnhof Davos Dorf
* Zitat aus www.weforum.org: "Neue Anfänge:
machen wir es anders: das jährliche Treffen 2000 ist der erste hochkarätige
internationale Gipfel im neuen Jahrtausend. (...) Die Meinungsführer
und Entscheidungsträger, die in Davos zusammenkommen, haben sowohl
den Willen wie auch die Position, dies zu machen."
** "Was ist die beste Strategie,
Aengste zu überwinden?"
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