Aktionsplattform gegen
das World Economic Forum (WEF)
Im Hinblick auf das auch
2001 stattfindende World Economic Forum (WEF) in Davos und mit Rückblick
auf die diesjährige entschlossene Grossdemonstration in Davos gegen
das WEF wenden wir, die Anti-WTO-Koordination Schweiz, uns an euch. Wir
suchen den Kontakt zu Gruppierungen, die ebenfalls Widerstand gegen den
menschen- und umweltfeindlichen neoliberalen Globalkapitalismus entwickeln.
Auf der Basis der folgenden
drei Punkte wollen wir uns mit anderen Gruppen (aus der Schweiz und anderen
Ländern) zu einem Aktionsbündnis zusammenfinden und uns in verschiedenen
Formen des Widerstandes gegen das WEF aufeinander beziehen.
1. Wir lehnen alle Herrschafts-
und Diskriminierungsformen und -systeme ab.
Weil wir in unserem Alltag
gegen Kapitalismus, Rassismus, Patriarchat, Autoritarismus, Nationalismus,
Homophobie, Antisemitismus... kämpfen, mobilisieren wir heute gegen
das WEF.
Im Bewusstsein, dass wir
Teil der herrschenden Widersprüche sind, haben wir dennoch den Anspruch,
in unseren Zusammenhängen keine dieser Unterdrückungs- und Diskriminierungsformen
zuzulassen. Wir sind der Meinung, dass Diskussionen zu Patriarchat, Rassismus,
Antisemitismus u.a. laufend zu führen sind.
2. Wir lehnen das WEF klar
ab und sprechen ihm jegliche Legitimation ab.
Das WEF ist mit dem organisierten
Zusammenkommen von Global Leaders Triebfeder in der Entwicklung und Festigung
der Neuen Weltordnung. Deshalb wollen wir das WEF abschaffen.
3. Wir nehmen eine konfrontative
Haltung gegenüber dem WEF ein, die den Dialog mit dem WEF und jegliche
Lobbyarbeit ausschliesst.
Wir wollen dem WEF keine
Möglichkeit bieten, sich im Blitzlicht der Medien mit einer vordergründigen
"Dialogbereitschaft mit der Zivilgesellschaft" als offen und friedensstiftend
zu präsentieren. Der von den Mächtigen diktierte Dialog dient
nur dem Vertuschen von Kritik. Wir sind der Meinung, dass es hier darum
gehen muss, über eine breite Basismobilisierung eine Gegenkraft zu
entwickeln. Gegen das alles durchdringende neoliberale Denken wollen wir
andere gesellschaftliche Modelle wieder denk- und umsetzbar machen.
Der Widerstand gegen das
World Economic Forum
In Davos fanden 1994 auf
Initiative von Leuten aus der Chiapas-Solidaritätsbewegung und von
AktivistInnen aus linksradikalen und feministischen Zusammenhängen
eine erste Demonstration gegen das WEF und eine Protestkundgebung von türkisch-kurdischen
Gruppierungen statt. 1998 knüpfte das Aktionsbündnis "Freiheit
für Patricio Ortiz" an die Demonstration von 1994 an und mobilisierte
zusammen mit antirassistischen und anti-sexistischen Gruppen, dem Kurdistan-Zentrum
und der Anti-WTO-Koordination zum zweiten Mal nach Davos. In den folgenden
zwei Jahren kam es auf Initiative der Anti-WTO-Koordination wieder zu Demonstrationen
in Davos. Diesen vorangegangen waren jeweils vielfältige Kampagnen,
um eine breite Öffentlichkeit über die Machenschaften und die
Bedeutung des WEF zu informieren.
Letztes Jahr lancierte die
Erklärung von Bern zusammen mit anderen NGO's das «Public Eye
on Davos»; ein Projekt, das vom WEF eine grösserer Beteiligung
von kritischen NGO Stimmen und mehr Transparenz forderte. Nächstes
Jahr wollen sie während dem WEF-Treffen einen Gegenkongress in Davos
organisieren.
Mit den Mobilisierungen der
letzten Jahre ist es gelungen, das WEF in eine kritische Öffentlichkeit
zu zerren und den angeblich friedfertigen Geist von Davos zu demaskieren.
Verstärkt wurde diese Entwicklung durch das Aufkommen einer weltweit
vernetzten Widerstandsbewegung von basispolitischen Gruppen. Dieses Netzwerk
hat sich u.a. in den weltweiten Protesten gegen die WTO-Ministerkonferenz
in Genf im Mai 98, gegen den Weltwirtschaftsgipfel in Köln 99 sowie
in den Aktionen gegen die WTO-Ministerkonferenz in Seattle ausgedrückt.
Das World Economic Forum
(WEF)
Das WEF wird massgeblich
von den wirtschaftlichen und politischen Eliten des Nordens getragen. Es
wird gesponsert und getragen von den weltweit grössten transnationalen
Unternehmungen, wie beispielsweise IBM, BP Amoco, Coca Cola, ABB, Nestlé,
DuPont, America Online, Deutsche Bank, etc. Sie sind mit ihren Weltwirtschaftskonzepten
direkt oder indirekt verantwortlich für Kriege, Elend, Vertreibung
und Hunger. Ihre Wirtschaftskonzepte beruhen ganz wesentlich auf der Gratis-
und Niedrigstlohnarbeit der skrupellos ausgebeuteten Menschen im Süden,
von MigrantInnen hier bei uns und von Frauen auf der ganzen Welt. Diese
Konzepte führen zu einer systematischen Verarmung weiter Bevölkerungsteile
und der Zerschlagung von bisher noch funktionierenden sozialen Strukturen.
Unsichtbar gemacht bezahlen immer mehr Menschen das Spiel der männlichen,
weissen Managementelite um Macht und Geld mit Unterernährung, Entrechtung,
Illegalisierung, schlechter Gesundheit und mangelndem Zugang zu Bildung.
In Ergänzung zu Kongressen
und Treffen von Ministern und Funktionären im Rahmen der WTO, IWF
und Weltbank ist das WEF ein informelles Zusammenkommen von Wirtschaftslobby
und Politmanagement. Dort schmieden diese selbsternannten "Global Leaders"
Pläne für die Zukunft der Welt und fällen weitreichende
Entscheide über die Köpfe der betroffenen Menschen hinweg. Was
medial als der "Geist von Davos" inszeniert wird, besteht in Wirklichkeit
aus politischen und wirtschaftlichen Absprachen und milliardenschweren
Grossdeals. So wurden in Davos beispielsweise die Uruguay-Runde des GATT,
aus der später die WTO entstand, wie auch das nordamerikanische Freihandelsabkommen
NAFTA lanciert.
Neben dem WEF-Jahrestreffen
in Davos gibt es verschiedene regionale jährliche WEF-Summits, so
zum Beispiel der Southern Africa Economic Summit in Durban, der Central
and Eastern European Economic Summit in Salzburg, der Asia Pacific Economic
Summit in Melbourne, der India Economic Summit in New Delhi sowie der Middle
East/North Africa Economic Summit.
Ausblick
Wir verstehen unseren Widerstand
in Davos als Teil des weltweiten Widerstandes gegen das gewalttätige
Wirtschaftssystem und alle Institutionen wie WTO, IWF und Weltbank, die
es vertreten und weiterentwickeln. Überall auf der Welt nehmen immer
mehr Menschen ihre durch diese Wirtschaftspolitik verschärften Lebensbedingungen
nicht mehr hin und leisten Widerstand. Die Kongresse der "Wirtschafts-
und Politmanager" müssen daher von massiven Polizei- und Militärmassnahmen
begleitet werden. Diese Repression ist die Antwort auf eine Kritik, die
sich weder integrieren lässt noch der Imagepflege der Mächtigen
dient.
Wir suchen mit diesem Papier
eine Diskussion, die zu einem gleichgewichtigen Zusammenwirken der Kräfte
führt, in dem verschiedene Widerstandsformen vorkommen können.
Ziel ist es, als Einzelne und als Gruppen gestärkt aus diesem Prozess
hervorzukommen und kontinuierlich Widerstand zu entwickeln.
Anti-WTO-Koordination Schweiz,
Juli 2000
Die Anti-WTO-Koordination
wurde 1998 von Leuten aus verschiedenen Schweizer Städten gebildet.
Das Ziel der Gruppe ist, mit vielfältigen Aktivitäten die gewalttätigen,
unsozialen Auswirkungen einer WTO-Politik auf den Alltag von Millionen
von Menschen in allen Teilen der Welt zu denunzieren und als Teil einer
autonomen Bewegung Widerstand dazu zu entwickeln.
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