Die Stadt ist für alle - Bezahlt wird nicht!

Berlin ist pleite? Und wir müssen den Gürtel enger schnallen? Auf bezahlbare Kitas, U-Bahnen und Schwimmbäder verzichten, um den Berliner Haushalt zu sanieren und die Schulden der Bankgesellschaft zu zahlen...? Wohl kaum!

"Es hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass es kein Geld in Berlin gibt. Das ist falsch. Wir können zwar nicht mit Geld um uns werfen. Aber die Wirtschaftsförderung der Stadt ist keineswegs notleidend." (Wirtschaftssenator Harald Wolf im Tagesspiegel vom 11.11.2002)

Seit geraumer Zeit existiert parteiübergreifend nur noch ein wirtschaftspolitisches Konzept: optimale Bedingungen für Investoren müssen her. Warum? Um die "Attraktivität des Standorts" im internationalen Wettbewerb zu erhöhen; um "zukunftsfähige Arbeitsplätze" zu schaffen. Der Lockduft, der den jeweiligen Standorte zu diesem Zwecke angelegt wird, ist der von niedrigen Löhnen, niedrigen Steuern, niedrigen Sozialabgaben und hohen Subventionen. "Mit Geld nach Geld schmeißen2 lautet die Kurzform dafür.

Auch in Berlin werden Großprojekte mit riesigen Summen finanziell unterstützt. Die geplante private Manager-Elite-Uni ESMT (European School of Management and Technology) etwa, zu deren Gründern Daimler-Chrysler und die Deutsche Bank gehören, soll das ehemalige Staatsratsgebäude am Schlossplatz (Immobilienwert ca. 23,8 Millionen Euro) kostenlos bekommen; über öffentlich bezahlte Renovierung wird noch verhandelt. In die gigantonomische Spreeufer-Bebauung werden Millionen gepumpt. Wie schon beim Verkauf des Potsdamer Platzes (für knapp 4% des Marktwerts) hofft man mal wieder: Der Traum von der High-Tech-Metropole Berlin möge endlich wahr werden.
Und womit wird er erkauft?
... Genau!

Die Kürzungen sozialer Leistungen und die Schließungen öffentlicher Einrichtungen treffen natürlich insbesondere jene, die auf sie angewiesen sind: die, die eh weniger haben, und hier besonders Frauen. Denn Frauen wird von der Gesellschaft nach wie vor die Verantwortung für Haushalt, Kinder und Reproduktion der Männer zugeschoben. Für alle Frauen, die Haushaltshilfen nicht bezahlen können, bedeutet Einsparung oder Verteuerung von Kita-Plätzen deshalb eine direkte Bedrohung ihrer Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Ebenso wie das Hartz-Konzept befördert Sparpolitik im Sozialbereich extreme Mehrfachbelastung von Frauen - oder gleich ihren Ausschluss aus dem Arbeitsleben.

Dieses Mal soll es also allen an den Kragen gehen: Die Giftliste des Senats ist lang, und angesichts der Berliner Haushaltslage wird sie ganz bestimmt noch länger. Doch das braucht niemanden zu wundern. Privatisierung von Gewinnen und Sozialisierung von Schulden gibt es nicht nur in Berlin und nicht erst als Folge des Bankenskandals - es ist ein kapitalistischer Evergreen, der immer dann gern geträllert wird, wenn die Wirtschaft mal wieder ein Milliardenprojekt in den Sand gesetzt hat.

Dass der rot-rote Senat das Lied vom Sparen nun auch aus voller Kehle schmettert, zeigt nur eines: Unter kapitalistischen Bedingungen gibt es keine Spielräume für alternative, sozialistische Politik. An erster Stelle stehen die Bedürfnisse des Kapitals.

Warum aber sollten wir Schulden bezahlen, die wir nicht gemacht haben?
Anstatt über alternative Sparkonzepte zu diskutieren oder der Berliner CDU hinterher zu laufen, ist es höchste Zeit, sich von der Verantwortung für die Haushaltsmisere freizusprechen und den Widerstand gegen die Kürzungspolitik zu organisieren. Und dieser Widerstand muß von links kommen und allen rechten Trittbrettfahrern eine Absage erteilen. Die Verschlechterung unserer Lebensverhältnisse werden wir nicht aufhalten, indem wir den Senat freundlich bitten. Wir müssen schon etwas deutlicher werden.

Berlin ist also pleite? Bei uns gibt's aber nichts zu holen! Wir wollen keine Fahrpreiserhöhung sondern Transport umsonst! Soziale und kulturelle Versorgung ist kein knappes Gut für Wenige - sie steht uns allen zu, unabhängig von Leistung, von Nationalität, Alter, Klasse oder Geschlecht! Gegen den Sparzwang setzen wir auf solidarische Selbstorganisierung und auf das Recht auf ein schönes Leben!
 

Zwei  Ergänzungen

Spreeufer = Flasche Leer

Nach dem Hauptstadt-Neubau, dem Fast-Absturz des Lehrter Großstadtbahnhofs und dem Schönefelder Flughafen-Projekt zieht der Berliner Senat ein neues As aus dem Ärmel: “Media Spree”. Die Bebauungspläne für das Spreeufer spotten jeder Beschreibung. Europas größte Baustelle soll entstehen; auf den 120 Hektar zwischen Jannowitz- und Oberbaumbrücke sollen  2,5 Milliarden Euro investiert und Büroräume für zehntausende geschaffen werden. So steht es jedenfalls in den Hochglanzprospekten, die uns davon überzeugen sollen, dass die Medien-Metropole Berlin doch noch was wird. Das neoliberale Bermuda-Dreieck aus Politik, Investoren und Marketingstrategen schreibt und schreit sich gegenseitig groß und schön. Wo allerdings die versprochenen 30.000 Arbeitsplätze herkommen sollen, weiß kein Mensch. Wozu auch, denn Media Spree folgt einem anderen Prinzip: über Geld redet man nicht, Geld hat man.
Doch das “pulsierende Leben”, das den öffentlichen Raum des zukünftigen Spreeufers prägen soll, ist ohnehin nicht für jedermensch gedacht. Besonders am Herzen liegen den Projektstrategen kaufkräftige, dynamische Menschen, die das Bedürfnis nach Eigentumswohnungen, schicken Läden und teuren Lokalen mitbringen. Alle anderen dürfen auch mal gucken - solange sie den Geschäftsbetrieb nicht stören.
Was das für Leute mit weniger Geld bedeutet, kann man sich leicht ausmalen...

Hartz und kein Ende
 
Auch auf Bundesebene spielt die Musik des Abbaus sozialer Mindeststandards. Dieses Mal startet die Bundesregierung - mit dem Jubel-Vokabular des Hartz-Papieres unterlegt - den in der Geschichte der Bundesrepublik bisher umfassendsten Angriff auf die Rechte von Beschäftigten und Arbeitslosen. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Ausweitung des Niedriglohnsektors werden keine neuen Arbeitsplätze entstehen lassen. Die Arbeitslosen werden stattdessen durch die Drohung der Leistungskürzung in schlecht bezahlte und ungesicherte Arbeitsplätze gedrückt. Bei wem das nicht von selbst klappt, der/die findet sich als Leiharbeiter einer PSA wieder oder darf als Ich-AG gleich das volle unternehmerische Risiko selbst tragen. Das Kapital klatscht in die Hände, denn so bekommt es verbilligte Arbeitskräfte und ein weiteres Druckmittel auf die Löhne der regulär Beschäftigten auf dem Silbertablett serviert - ohne irgend etwas dafür tun zu müssen.
Auch bei Hartz werden Frauen an den Rand des Erwerbssystems gedrängt. Ob als billig entlohnte Helferin im Hause (“Familien-AG”) oder als großzügige Verzichterin, wenn der Mann in die “Quick-Vermittlung” gerät; die Botschaft des Hartz-Konzepts an Frauen ist so einfach wie rückschrittlich: Wenn ihr schon unbedingt arbeiten müsst, dann bitteschön nur in ungesicherten Niedriglohn-Jobs.
 
 

Der “soziale Ratschlag” Berlin ruft zum Protesttag am 19.Dezember 2002 auf - achtet auf weitere Ankündigungen - auch zum “Global action day” am 20.12.02!

10.00 Uhr
Sozialamt Neukölln, Fuldastr. / Karl-Marx-Str.

15.00 Uhr
“Der Investor kommt” zur Stralauer Allee/Am Oberbaum (“Universal”-Gebäude)

17.30 Uhr
Kundgebung und Aktion am Alex