Frühjahr 2001

Hakenkrallen, Höllenhunde und die Politische Polizei

Im Juli 1999 gab es zeitgleiche Durchsuchungen in Hamburg, Wendland, Bremen und Berlin. Die von der Bundesanwaltschaft durchgeführte Aktion unter dem Namen 'Goldene Hakenkralle' führte zu 13 Hausdurchsuchungen, der Beschlagnahme mehrerer Klein-LKWs voll mit Aktenordnern, Broschüren, persönlichen Notizen, Computern, Disketten sowie der zwangsweisen Abnahme genetischer Fingerabdrücke. Ermittelt wird wegen §129a, die terroristische Vereinigung sind Autonome Gruppen, die Beschuldigten angeblich die Führungskader.

Wie fast immer bei §129a Verfahren gibt es auch nach über einem Jahr keine Akteneinsicht und es gibt auch keine konkreten Tatvorwürfe. Die Durchsuchungsbeschlüsse sind politische Argumentationsmuster: es gab Anschläge gegen Bahneinrichtungen, diese standen im Zusammenhang des Anti-AKW-Widerstandes, durchgeführt von autonomen Gruppen; die Beschuldigten sind AKW-Gegner und bekennende Autonome, also sind sie die Führungskader der Autonomen Gruppen.

Obwohl die Auswertung der beschlagnahmten Materialien wenig ergiebig war, wurden einzelne Computer nach ihrer Zerstörung wiedergegeben, der Großteil der Sachen bleibt aber in den Verließen des BKA. Immerhin konnte festgestellt werden, das in der beschlagnahmten Ilias von Homer die Höllenhunde Castor und Pollux vorkommen. Da die inkriminierte Schrift aber offensichtlich nicht mehr ganz aktuell ist, etwa 2000 Jahre, wurde sie wieder ausgehändigt. Anders bei den genetischen Fingerabdrücken, die wegen des angeblichen Fundes einer Juwel-Zigarette durchgeführt werden mußten, obwohl die Beschuldigten sämtlich Nicht-RaucherInnen sind. Diese ergaben zwar keine Übereinstimmung mit der/m JuwelraucherIn, aber 'das Spurenmaterial ist für etwaige weitere molekulargenetische Untersuchungen aufzubewahren.' (Beschluß des Generalbundesanwaltes, Sta . Homann). D. h. der genetische Fingerabdruck wurde schon mal eingehohlt, die dazu passende Straftat muß aber noch gefunden werden.

Vorladungen über Vorladungen

Das heißt keineswegs, daß BKA und BAW untätig wären. Bis Oktober 2000 kam es in Hamburg und Wendland zu sieben Vorladungen. Dabei immer das gleiche Schema: Vorladung durch BKA, wenn die 'ZeugInnen' dann nicht erschienen, Telefonterror am Arbeitsplatz und zu Hause, dann Vorladung nach Karlsruhe zur BAW. Bei den dortigen Befragungen ging es dann überhaupt nicht um Hakenkrallen, sondern um persönliche Kontakte der ZeugInnen zu den Beschuldigten. Hintergrund dafür bilden offensichtlich mehrere Jahrgänge abgehörter Telefonate, überwachte Wohnungen und Treffen. Dazu wühlt die Politische Polizei auch tief in der Vergangenheit: Bei einem Hamburger Beschuldigten reichen die abgehörten Telefonate bis mindestens 1991 zurück und einem Berliner Beschuldigten wird sogar die Teilnahme an einer Anti-Apartheid-Demonstration 1978 vorgeworfen.

Besondere Freude hat das BKA offensichtlich daran, die Beschuldigten beim Arbeitgeber zu denunzieren, bei der Bank vorzusprechen, damit diese dann die Konten kündigt, Verfahren beim Ordnungsamt und bei der Bauaufsicht einzuleiten, sowie wegen Steuerbetruges, wegen Fördermittelerschleichung und wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz ob des Besitzes von 'Cannabis-Kraut' einzuschreiten.

Wohin zielen die Ermittlungen ?

Die meisten Beschuldigten zur 'Goldenen Hakenkralle' sind entschiedene AtomkraftgegenerInnen oder anderweitig politisch oppositionell aktiv- und das schon seit Jahren. Der ältetste Beschuldigte ist nunmehr 65 Jahre alt und auch die anderen im Durchschnittsalter von 47 Jahren wußten schon lange vor Rot-Grün, daß das System keinen Fehler hat.

Das Vergehen besteht darin, dies laut und deutlich zu sagen - sogar am Telefon und spätestens dann ist es amtlich. Hieraus wird nun das gewünschte Beweismaterial fabriziert. Politisch mißliebigen Vereinen wie der atomkritischen Messstelle für Arbeits- und Umweltschutz, MAUS, in Bremen, sowie der antirassistischen Opferperspektive Brandenburg wird versucht der Geldhahn abzudrehen. Es geht um Einschüchterung, und Aushorchung. Außerdem geht es um Arbeitsplätze. Die Heerscharen beamteter TerrorismusbekämpferInnen wollen nämlich beschäftigt sein. Allein an dem Berliner Teil der 'Goldenen Hakenkralle' hängen schätzungsweise 30 Planstellen beim BKA.

Zwischenzeitlich wurde dann in Berlin noch ein Verfahren wegen Herstellens der Zeitschrift 'radikal' eingeleitet. Hintergrund waren Dateien auf einem PC, die in der radikal 156 erschienen waren. Das Verfahren wurde aber sang- und klanglos wieder eingestellt. Darüberhinaus gibt es noch weitere Bemühungen, Querverbindungen zu abgelaufenen Verfahren und aktuellen Verfahren anderer Leute herzustellen.

Darüberhinaus gibt es dann noch Bemühungen Querverbindungen zu anderen Verfahren herzustellen, die wiederum Querverbindungen zu aktuellen oder alten Verfahren aufweisen. Da freut sich das Beamtenherz...

Daß es der BAW mit der Einschüchterung nicht sonderlich gut gelingt, liegt an der nicht zu knappen Solidarität, die die Beschuldigten nicht nur aus atomkritischen Kreisen erfahren.

Die vielen Vorladungen und Anwälte - wie immer gilt das Verbot der Mehrfachverteidigung - d. h. jede/r Beschuldigte/r braucht einen eigene/n Anwältin/Anwalt, kosten aber auch was. Um die bereits angefallenen Verteidigungskosten für Anwälte zu bezahlen, brauchen wir auch Euer Geld.

Dafür machen wir auch weiter, Ehrenwort.

BAW und CASTOR stoppen !

Solidaritätsgruppe Hakenkralle Berlin und Vereinigte Juwel-RaucherInnen Berlin.
Solidaritätskonto: Rote Hilfe, Stichwort Ehrenwort
Kontonr.: 718 9590 600
Berliner Bank, BLZ: 100 200 00