Berliner Zeitung, 3.1.2000 John gegen "Regelanfrage" bei Einbürgerung Ausländerbeauftragte will Antragsteller nicht durch Verfassungsschutz überprüfen lassen von Marlies Emmerich Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John lehnt bei Einbürgerungen von Ausländern eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz ab. Innensenator Werthebach hatte bislang offengelassen, ob alle Einbürgerungswilligen von der Behörde überprüft werden sollten, wenn sie Deutsche werden wollen. Das neue Staatsbürgerschaftsrecht, das seit Anfang des Jahres gilt, vereinfacht die Einbürgerung der in Berlin lebenden Ausländer. Danach werden in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern automatisch Deutsche, wenn sich ein Elternteil seit mindestens acht Jahren rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhält und seit drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung hat. Mit dem In-Kraft-Treten des neuen Rechts können die Einbürgerungsämter in den Bezirken vorerst selbst entscheiden, ob sie den Verfassungsschutz einbeziehen oder nicht. "Eine Anfrage ist nur dann angebracht und notwendig, wenn es Hinweise auf extremistische Aktivitäten gibt", sagte Barbara John der "Berliner Zeitung". Als "beste Regelung unter allen Bundesländern" bezeichnete Frau John zugleich die Überprüfung der geforderten deutschen Sprachkenntnisse von Einbürgerungswilligen, die in Berlin stattfinden soll. Mit den Dozenten von Sprach- und Volkshochschulen würden kompetente Leute entscheiden. Die Ausländerbeauftragte setzt sich dafür ein, in Berlin lebenden Ausländern früher als bisher eine Berufstätigkeit zu ermöglichen. In Bayern sei es üblich, dass Flüchtlinge einschließlich der Asylbewerber arbeiten könnten - eine "Integration in einem wesentlichen Kernbereich". Wegen der hohen Erwerbslosigkeit in Berlin seien dagegen viele Flüchtlinge und Asylbewerber vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. "Ich halte es für falsch, etwa nachgezogenen Ehepartnern von Ausländern erst nach vier Jahren eine unbefristete Arbeitserlaubnis zu geben", sagte Frau John. Eine solche Erlaubnis sollte bereits nach einem Jahr ausgestellt werden. Wer selber für den Lebensunterhalt sorge werde auch von der Bevölkerung eher akzeptiert. In dem Zusammenhang verwies die Ausländerbeauftragte auf einen Beschluss des Abgeordnetenhauses vom Sommer vergangenen Jahres. Darin wird der Senat zu einer Bundesratsinitiative mit dem Ziel eines Konzeptes zur Integration von nachzugsberechtigten Familienangehörigen aufgefordert. Vorgesehen sind dabei nach Angaben von Barbara John halbjährige Sprach- und Integrationskurse. Danach würden die Teilnehmer eine Arbeitserlaubnis erhalten. Für dieses Konzept sucht Berlins Ausländerbeauftragte Verbündete in den Bundesländern, um eine Mehrheit im Bundesrat zu erreichen. "Meine Vorstellung ist, dass der Bund die Kosten für solche teuren Kurse übernimmt", sagte Barbara John. Auch in den Niederlanden überweise die Zentralregierung das Geld für ähnliche Kurse an die Gemeinden. Langfristig sollte nach ihrer Ansicht diese Weiterbildung auch unter den 34 000 arbeitslosen Ausländern angeboten werden, von denen viele wegen mangelnder Qualifikation im Beruf scheitern. Allein erziehende, psychisch kranke Mütter aus der Balkanregion oder Palästinenser sollten ebenfalls berücksichtigt werden. "Wer nicht in seine Heimat zurück kann, muss eine Perspektive erhalten", sagte Barbara John. Als "sehr ärgerlich" bezeichnete Barbara John die unterschiedliche Behandlung von in Berlin lebenden Flüchtlingen. Je nach Bezirk würde Sozialhilfe als Bargeld oder in Vollverpflegung ausgezahlt. Die Ausländerbeauftragte befürwortete dabei die Chipkarten, mit denen Flüchtlinge mittlerweile in einer Reihe von Geschäften ihren Einkauf bargeldlos abbuchen können. |