Frankfurter Rundschau, 4.1.2000 Dänemark will Ehen zwischen Ausländern verhindern Nur langjährige Staatsbürger sollen Lebenspartner von außerhalb ins Land holen dürfen Von Hannes Gamillscheg (Kopenhagen) Das Recht, einen ausländischen Lebenspartner nach Dänemark zu holen, soll auf dänische Staatsbürger beschränkt bleiben. Einwanderer, die jemanden aus ihrer alten Heimat heiraten wollen, sollen dies dort tun, wo sie her kommen. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen räumte in seiner Neujahrsansprache der Ausländerdebatte breiten Raum ein und kündigte eine Verschärfung der Regeln für Familienzusammenführung an. Das Recht, einen Ehepartner, minderjährige Kinder oder alte Eltern nachzuholen, soll für Ausländer abgeschafft werden. Rasmussen reagierte damit auf bittere Angriffe sozialdemokratischer Bürgermeister, dass die Regierung Probleme mit der mangelnden Integration von Einwanderern nicht ernst nähme. So beklagte Kjeld Hansen aus der Kopenhagener Vorstadt Herlev, dass man jedes Mal "um eine Generation zurück geworfen" werde, wenn "ein aufgewecktes türkisches Mädchen" einen Mann aus dem "hintersten Anatolien" heirate: dann verlasse es, trotz guter Ausbildung, umgehend seinen Arbeitsplatz, zuhause werde nur noch türkisch gesprochen, und der Mann habe mangels Sprachkenntnissen und Schulbildung keine Chance auf dem Arbeitsmarkt. 80 bis 90 Prozent der Eheschließungen junger Einwanderer erfolgten mit Partnern aus der alten Heimat. Dem will die Regierung nun einen Riegel vorschieben. Wer künftig seinen Lebenspartner nach Dänemark holen will, muss zumindest vier bis fünf Jahre die dänische Staatsbürgerschaft besessen haben, über eine passende Wohnung verfügen und beweisen können, dass er seine Familie versorgen kann. Damit kommt das Kabinett den Forderungen der bürgerlichen Opposition entgegen, die schon lange auf eine Verschärfung der Zuzugsregeln gepocht hatte. Dass dies gegen die Menschenrechtskonvention verstoße, bestreitet sie: Die jungen Einwanderer könnten heiraten, wen sie wollten - doch sie müssten ja nicht in Dänemark leben, meint die rechtsliberale Justizsprecherin Birte Hornbech. In der Einwanderungspolitik dürfe sich Dänemark nicht von internationalen Abkommen gängeln lassen. Aufgeschreckt durch umstrittene Statistiken, dass der Anteil der Einwanderer und ihrer Nachkommen von drei Prozent 1980 auf vierzehn Prozent im Jahr 2020 ansteigen werde und dass diese Fremden - anders als früher - zum Großteil aus den so genannten "weniger entwickelten Ländern" kämen, überbieten die dänischen Parteien einander nun mit Vorschlägen, wie "die Fremden" zu bremsen wären. Der liberale Parteichef Anders Fogh Rasmussen will sie sieben Jahre lang von allen Sozialleistungen ausschließen. Laut Umfragen ist die rechtspopulistische Dänische Volkspartei mit ihrer Ausländerfeindlichkeit und 17 Prozent der Stimmen schon drittgrößte Partei. An einem Burgfrieden mit der Regierung über die Ausländerpolitik ist die rechte Opposition jedoch nicht interessiert: Angesichts glänzender Wirtschaftsdaten ist ein Schwelen der "Fremdendebatte" ihre beste Chance für einen Machtwechsel bei den nächsten Wahlen.
|