Berliner Zeitung 6.1.2000 Israel und Syrien beginnen Sachgespräche Zweite Abzugsphase im Westjordanland eingeleitet SHEPHERDSTOWN/JERUSALEM, 5. Januar. Nach Beilegung ihres Streits um die Tagesordnung sind Israel und Syrien bei ihren Friedensgesprächen am Mittwoch in konkrete Verhandlungen eingetreten. Wie aus Delegationskreisen verlautete, nahmen Arbeitsgruppen am Konferenzort in Shepherdstown in den USA ihre Beratungen auf. Am Vortag hatte US-Präsident Bill Clinton die Verhandlungsleiter, den israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak und den syrischen Außenminister Faruk el Schara, erstmals an einen Tisch gebracht. Aus der Umgebung der syrischen Delegation hieß es, zunächst hätten sich die Arbeitsgruppen für Sicherheitsfragen und Normalisierung der Beziehungen getroffen. Zwei Stunden später habe die Gruppe für Wasserrechte ihre Arbeit aufgenommen. In einem Brief an den libanesischen Ministerpräsidenten Salim Hoss äußerten unterdessen Clinton und die amerikanische Außenministerin Madeleine Albright die Hoffnung, dass nach dem Beginn der syrisch-israelischen Verhandlungen nun auch die Friedensgespräche zwischen Israel und Libanon aufgenommen werden könnten. Der stellvertretende israelische Verteidigungsminister Ephraim Sneh erklärte am Mittwoch, ein Frieden mit Syrien sei nur möglich, wenn Damaskus sein Bündnis mit Iran beende. Ferner müssten Damaskus und Beirut die von Iran unterstützten Hisbollah-Kämpfer im Süden Libanons entwaffnen. Ob Barak diese Forderungen auch bei den Verhandlungen mit Syrien erhob, sagte Sneh nicht. Protest orthodoxer Juden In Shepherdstown protestierten unterdessen rund 120 orthodoxe Juden, darunter 40 Kinder, gegen eine Rückgabe der Golanhöhen an Syrien. Dies ist die Kernfrage der Gespräche. Israel verlangt als Gegenleistung für den Abzug des 1967 eroberten Gebiets Sicherheitsgarantien. Die Demonstranten bezeichneten Barak als Verräter. Mit fast zwei Monaten Verspätung hat Israel am Mittwoch mit der Übergabe von weiteren fünf Prozent des besetzten Westjordanlandes an die palästinensische Autonomiebehörde begonnen. Die israelische Armee räumte in strömendem Regen mehrere Stützpunkte, unter anderem in der Nähe der Autonomie-Städte Nablus und Dschenin im Norden des Westjordanlandes. Bis Donnerstagabend sollen sechs Stützpunkte an die Palästinenser übergeben werden. Es gab am Mittwoch keine offizielle Übergabe-Zeremonie. Am gleichen Tage sollten außerdem 22 Palästinenser aus israelischer Haft freikommen. Wochenlang hatten sich Unterhändler beider über die Frage gestritten, welche Gebiete den Palästinensern übergeben werden sollten. Zum Schluss gaben die Palästinenser nach. Am Dienstagabend unterzeichneten beide die von den Israelis skizzierten Landkarten. Drei Prozent des Westjordanlandes gehen in gemeinsame Kontrolle über, während zwei Prozent alleiniger palästinensischer Verantwortung unterstellt werden. Laut dem Abkommen von Scharm el Scheich hätte der Abzug am 15. November 1999 erfolgen müssen. In dem gemeinsam kontrollierten Gebiet in der Judäa-Wüste soll ein Naturpark entstehen. Vertreter der israelischen Naturschutz-Organisation sagten im Rundfunk, offiziell sei das Gebiet nicht als Naturpark ausgewiesen. Es gehe vor allem darum, Bautätigkeit in der "idyllischen Wüstenlandschaft" zu verhindern. Der Truppenabzug war die zweite Übergabe von Gebieten laut dem im September 1999 geschlossenen Vertrag von Scharm el Scheich. Im September hatte Israel sieben Prozent der Westbank in gemeinsame Kontrolle übergeführt. Am 20. Januar soll ein dritter Abzugsschritt folgen. (AP, dpa) |