Tagesspiegel, 8.1.2000 Unions-Kampagnen CDU und CSU wollen Landtags-Wahlkämpfe mit Aktionen gegen Ökosteuer und EU-Beitritt der Türkei bestreiten Die CSU unterstützt ihre Schwesterpartei im Kampf gegen steigende Benzinpreise als Folge der Ökosteuer Robert Birnbaum und Thomas Kröter Die CDU will gezielten Kampagnen gegen die Ökosteuer und die Türkei-Politik der Bundesregierung Emotionen wecken und so die politische Offensive zurückgewinnen. CDU-Generalsekretärin Angela Merkel und der Spitzenkandidat für die Wahl in Schleswig-Holstein, Volker Rühe, eröffneten am Freitag in Norderstedt eine Flugblattkampagne gegen die steigende Belastung der Benzinpreise durch die Ökosteuer unter dem Motto "Rot-Grün will uns Autofahrern an den Kragen". CDU und CSU warfen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) wegen der Mineralölsteuererhöhung Wahlbetrug vor. Die Aktion gegen die Ökosteuer, die nach Rühes Angaben nicht als Unterschriftensammlung angelegt ist, soll ein Schwerpunkt seines Wahlkampfs werden. Bei der Klausurtagung der Bundes-CDU in Norderstedt sollte am Freitag außerdem über eine Kampagne gegen den EU-Beitritt der Türkei gesprochen werden, die der NRW-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers bereits vor Weihnachten angeregt hatte. Überlegungen, mit einer solchen Aktion an die Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft aus dem Vorjahr anzuknüpfen, gibt es auch in der CSU. Die CSU unterstützt die Pläne für ein Kampagne gegen die Ökosteuer. CSU-Landesgruppenschef Michael Glos sprach in Wildbad Kreuth von der "sehr unheiligen Allianz" einer neuen "Troika von Umweltminister Trittin, den Ölscheichs und dem Bundeskanzler". Angesichts steigender Ölpreise hätte die Koalition den Trend nicht durch das "Abkassiermodell" der Ökosteuer verstärken dürfen, sondern gegensteuern müssen. CDU-Chef Wolfgang Schäuble und CSU-Generalsekretär Thomas Goppel sprachen von Wahlbetrug durch die Bundesregierung. Goppel sagte dem Tagesspiegel:"Der Bundeskanzler hat versprochen: Es gibt nur eine Erhöhung um sechs Pfennig. Es sind sieben. Und jetzt kommt die zweite, ohne dass er sich dafür entschuldigt." Offizielle Schwerpunkte der CDU-Klausur waren das mit der CSU abgestimmte Steuerkonzept und die Bildungspolitik. Das Steuermodell sieht Einkommensteuersätze zwischen 15 und 35 Prozent bei einer Nettoentlastung von 50 Milliarden Mark bis 2002 vor. Mitglieder der CDU-Führung zeigten sich entschlossen, die politische Arbeit nicht mehr von der Spendenaffäre und dem Verhältnis zum Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl dominieren zu lassen. "Wir müssen über Helmut Kohl hinaus gestalterisch denken", sagte Merkel. Rühe und Rüttgers betonten, man müsse sich jetzt auf die thematische Arbeit konzentrieren. Rühe schloss sich der Bemerkung Schäubles an, die Ära Kohl sei seit 1998 beendet. Der bremische Landesvorsitzende Bernd Neumann sagte, die unterschiedlichen Haltungen in der CDU-Führung zum Altkanzler irritierten die Basis mehr als die Spendenaffäre selbst. Die Aussage von Schäuble und Rühe, dass die Kohl-Ära zu Ende sei, sei "eine Banalität". |