Die Presse (Wien), 18.1.2000 Verspätete Öffnung der griechischen Grenzen Schengen. Griechenland gehört seit 1.1.2000 zum Schengen-Raum. Die langen Außengrenzen sind allerdings noch durchlässig. Von unserem Korrespondenten CHRISTIAN GONSA ATHEN. Peinliche Panne für Albaniens Innenminister: Bei seinem jüngsten offiziellen Griechenlandbesuch gab es Aufregung an der Grenze - sein Dienstauto, ein Mercedes, war als gestohlen gemeldet. Der Minister mußte die Heimreise per Flugzeug antreten. Warum die griechischen Beamten gerade den Staatsgast durchleuchteten, bleibt im dunkeln. Fündig wurden sie jedenfalls mit Hilfe des neuen computergestützten Informationssystems, das an allen Grenzen im Schengen-Raum zum Einsatz kommt. Die griechische Polizei ist technisch am letzten Stand: Seit 1. Jänner 2000 wendet auch Griechenland die Übereinkunft von Schengen an. Das bedeutet: Keine Grenzkontrollen für EU-Bürger bei Binnenflügen, eine gemeinsame Visapolitik von Griechenland und den anderen neun Schengenstaaten, grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit, strenge Bewachung der Außengrenzen. Millionen Griechenland-Urlauber werden von Schengen profitieren; allerdings erst ab 26. März: Die Kontrollen auf den griechischen Flughäfen werden, im Gegensatz zu den Seehäfen, erst zu diesem Zeitpunkt abgeschafft. Eigentlich sollten bereits ab 1. Jänner alle Grenzen zu Drittstaaten ganz dicht sein. 16.000 Kilometer Seegrenzen, Jahrhunderte alte Schmugglerrouten durch die Ägäis, eine lange gemeinsame Grenze vor allem mit dem Auswanderungsland Albanien machen das jedoch nahezu unmöglich. Griechenland hat ein gewaltiges Problem mit illegalem Transit und illegaler Einwanderung. 600.000 Personen halten sich nach vorsichtigen Schätzungen illegal im Land auf. Täglich werden Trupps von irakischen Kurden, Pakistanis oder anderen Flüchtlingen aufgespürt. Immer wieder sind sie Opfer von Unfällen oder Menschenhändlern, ihre Todesrate ist hoch. Ein spektakuläres Beispiel: Im November starben elf Auswanderer beim Brand in der Garage eines Fährschiffs, das auf dem Weg nach Italien war. Erst im dritten Anlauf bekam Griechenland grünes Licht für die Anwendung des Schengener Abkommens. Man hatte zuvor von EU-Seite den Personalmangel an den grünen Grenzen und die schlechte Koordination der zuständigen Ministerien bemängelt. Nun gibt es eine eigene Grenzwache von insgesamt 2500 Mann (und einigen Frauen) für das Festland. Die jungen Wächter stammen aus der Region, in der sie eingesetzt werden. Seit Juni 1999 sind 1000 Mann von ihnen an der albanischen Grenze eingesetzt. Der Einsatz des zusätzlichen Personals dürfte sich gelohnt haben: Im zweiten Halbjahr 1998 griff man etwa 31.000 Albaner auf, mit Hilfe einer provisorischen Truppe; im zweiten Halbjahr 1999, mit der neuen Grenzwache, waren es hingegen 56.000. Die Einrichtung der Stationen an den restlichen Grenzen soll bis Februar abgeschlossen sein. Schwierigkeiten gab es bei der Koordination zwischen Polizei und Militär. In Griechenland ist der unmittelbare Grenzbereich in vielen Gebieten militärische Sperrzone. So kam es in der Vergangenheit zu der paradoxen Situation, daß die EU-Prüfer den Grenzstreifen nicht betreten durften. Inzwischen ist die Zusammenarbeit "hervorragend", so die Auskunft der Polizei. Die Grenzwächter dürfen die Zonen betreten, müssen dies den Militärs allerdings ankündigen. An der Grenze zur Türkei, im äußersten Nordostzipfel des Landes, lauert weiterhin eine tödliche Gefahr für Illegale: Minenfelder der Armee. Sie sind zwar eingezäunt und gekennzeichnet, aber immer wieder gibt es Tote. Die Polizei: "Da können wir nichts machen. Das liegt nicht in unserer Zuständigkeit." Korrupte Polizei Ein anderes Problem ist die polizeiinterne Korruption. Eine neu gegründete Abteilung für interne Angelegenheiten hob kürzlich ein ganzes Revier aus. Die Polizisten hatten unter anderem falsche Aufenthaltsbewilligungen und griechische Pässe gegen Bezahlung ausgegeben. |